Finanzgewerbe im Zwielicht:Geld-Berater kassieren doppelt

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Zwei Mal kassieren ist lukrativer: Manche Finanzvermittler verlangen Honorar vom Kunden und erhalten Provisionen vom Anbieter. Sie stehen im Zwielicht.

Markus Zydra

Viele Sparer haben das Vertrauen in ihren Finanzberater verloren. Die hohen Verluste mit Zertifikaten und Aktienfonds machten deutlich, dass hohe Renditeversprechen immer auch an enorme Risiken geknüpft sind.

Der Anleger gibt - der Berater nimmt. Zumindest einige dubiose Anbieter machen es so. (Foto: Illustration: Getty)

Noch ernüchternder war jedoch die Lehre, dass Bankberater vor allem auf Provisionsjagd sind. Ihr Umsatzinteresse steht im Konflikt zum Beratungsinteresse des Kunden. Zwar hat der Gesetzgeber die Transparenzvorschriften verschärft - Berater müssen nun offenlegen, wie viel sie mit dem Verkauf des Produkts verdienen - doch der grundlegende Interessenkonflikt wird dadurch nicht ausgeräumt.

Deshalb haben Finanzberater auf Honorarbasis in den vergangenen eineinhalb Jahren regen Zulauf erhalten. Honorarberater leben nicht von der Provision der verkauften Fonds, sie werden vom Kunden direkt auf Stunden- oder Pauschalbasis bezahlt.

Erste Missstände

Der Stundensatz liegt zwischen 100 und 150 Euro. So können Honorarberater ihre Arbeit unabhängig verrichten; sie sind nicht auf das Provisionsgeschacher angewiesen. Rund 1000 Honorarberater gibt es in Deutschland, sie verwalten rund ein Prozent des bundesdeutschen Geldvermögens.

Das Interesse der Kunden wächst, was zu ersten Missständen führt - denn mancher Finanzberater kassiert nun doppelt ab. Zum einen das Honorar des Kunden, zum anderen, hintenrum, die Verkaufsprovision für das Produkt. "Derzeit gesellen sich immer mehr Vermittler im Pseudo-Honorarberatergewand unter uns Honorarberater", sagt der Berliner Finanzberater Ulf Niklas.

Doppelt abzukassieren widerspricht dem Kodex der Honorarberaterbranche: "Honorarberater müssen Versicherungs- und Finanzprodukte stets ohne eigene Marge anbieten und Vermittlungsprovisionen, Rückvergütungen und Bestandsprovisionen ausnahmslos an den Kunden rückerstatten", sagt Peter Binz, Geschäftsführer einer Honorarberatungsfirma in Starnberg.

"Reine Scharlatanerie"

Doch wie kann der Kunde überprüfen, ob er es mit einem echten Honorarberater zu tun hat?

Eine Möglichkeit besteht darin, den Berater zu fragen, ob er zu den Themen Privathaftpflicht-, Berufsunfähigkeits- und Risikolebensversicherung berät und ob er gleichzeitig eine Zulassung als Versicherungsberater hat. "Versicherungsberater dürfen generell keine Provisionen kassieren", sagt Binz.

Da verwundert es kaum, dass von den 255.000 in Deutschland registrierten Versicherungsvermittlern nur 174- das sind 0,07 Prozent - Versicherungsberater sind, so der DIHK. "Kunden sollten sich vom Honorarberater schriftlich zusichern lassen, dass keine Provisionen angenommen werden", empfiehlt Niklas. Doch das ist eine Notlösung. Im Kern geht es um eine Neudefinition des Finanzberaterberufs.

"Wenn sich Finanzexperten als 'Berater" titulieren, obwohl es eigentlich nur um den Verkauf von Finanzprodukten und die damit verbundenen Provisionen geht, dann ist das reine Scharlatanerie", sagt Binz.

Er fordert, dass sich Finanzberater nur als solche bezeichnen dürfen, wenn sie keine Provisionen vereinnahmen und so den Interessenskonflikt auflösen. Dem Argument der Branche, dass auch provisionsorientierte Bankberater nützliches Wissen vermitteln, widerspricht Binz: "Bei einem Autoverkäufer erhalten Sie mitunter auch nützliche und neutrale Informationen zum Thema Auto - doch das macht den Verkäufer nicht zum Autoberater."

© SZ vom 29.12.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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