Euro-Stabilitätspakt:Mehr Kontrolle und härtere Strafen

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Keine Gnade für Haushaltssünder in der Eurozone: Künftig wird Brüssel schneller und vor allem härter durchgreifen. Darauf haben sich die EU-Finanzminister verständigt, wie EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sagte.

Die Haushaltsdisziplin in den Euroländern soll künftig mit strengeren Regeln durchgesetzt werden. Im Kampf gegen die Schuldenkrise haben sich die EU-Länder daher über die wesentlichen Änderungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes verständigt.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy: "Zwei der vier Hauptziele abgearbeitet." (Foto: ap)

Die Kontrolle der nationalen Haushaltspläne solle in Zukunft früher einsetzen, sagteEU-Ratspräsident Herman Van Rompuy nach dem zweiten Treffen der Arbeitsgruppe zur Reform der Währungsunion in Luxemburg.

Defizitsünder müssten eher als bisher mit Strafzahlungen rechnen. Vereinbart wurde, dass die Regierungen ihre Haushaltsentwürfe künftig bereits im Frühjahr in Brüssel einreichen müssen - wenn Änderungen noch möglich sind. Bislang habe es beim Überfahren der roten Ampel einen Strafzettel gegeben, "von jetzt an kommt man in Schwierigkeiten, wenn man bei Gelb über die Ampel fährt", sagte Van Rompuy.

Maßnahmen gegen Statistik-Tricks

Die Euro-Staaten wollen als Lehre aus der Schuldenkrise Griechenlands außerdem Schwächen bei der Wettbewerbsfähigkeit beheben und dafür sorgen, dass ihre Statistikämter künftig politisch unabhängig sind, um ein Vertuschen der wahren Staatsverschuldung zu verhindern. Im Zweifelsfalle soll es dem europäischen Statistikamt Eurostat auch möglich sein, Kontrollbesuche in Mitgliedsländern anzusetzen, um an Ort und Stelle Daten zu überprüfen. Ein entsprechender Vorstoß war noch Mitte des vergangenen Jahrzehnts am Widerstand zahlreicher Mitgliedstaaten gescheitert.

Die EU-Finanzminister hätten damit in Grundzügen zwei ihrer vier Hauptziele abgearbeitet, erklärte Van Rompuy. Alle diese Änderungen seien im Rahmen des bestehenden EU-Vertrages möglich.

Die 16 Ressortchefs des Eurogebiets empfahlen zudem die Aufnahme Estlands. Das kleine Land mit 1,3 Millionen Einwohnern hat Inflation und Schulden im Griff und erfüllt alle Beitrittskriterien.

Streit um eine Wirtschaftsregierung

Beschlüsse für einen dauerhaften Mechanismus zur Krisenbewältigung und die verbesserte wirtschaftspolitische Koordinierung wurden allerdings nicht gefällt. Entscheidungen in dieser Frage waren auch nicht erwartet worde - auch, weil das zeitgleich in Berlin geplante Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy kurzfristig abgesagt worden war. Grund ist der anhaltende Streit um eine Wirtschaftsregierung.

Das Treffen werde am kommenden Montag nachgeholt, hieß es in Paris und Berlin. EU-Diplomaten in Luxemburg führten die Absage auf die "unverändert tiefgreifenden Auffassungsunterschiede" zwischen beiden Ländern zurück. Offiziell hieß es, Zeitgründe seien für die Verschiebung verantwortlich.

Der Stabilitätspakt hatte sich als stumpfe Waffe im Kampf um eine solide Haushaltsführung erwiesen. So kamen Strafzahlungen gegen Haushaltssünder trotz vielfachen Bruchs der Defizitgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nie zum Einsatz.

Früh auf die Finger schauen

Van Rompuy sagte, künftig könnten Strafen schon vor dem Überschreiten der Drei-Prozent-Grenze verhängt werden, wenn ein Land Warnungen der EU vor zu hohen Schulden missachtet oder einen hohen Gesamtschuldenstand nicht schnell genug abbaut. Dem Schuldenkriterium von 60 Prozent des BIP sei bisher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden.

Die EU-Finanzminister unterstützten den Vorschlag der EU-Kommission, künftig schon früh im ersten Halbjahr bei der Aufstellung der nationalen Haushalte den Mitgliedstaaten auf die Finger zu schauen. Dabei werde aber nicht jedes Detail geprüft, sondern nur die wesentlichen Eckpfeiler wie die zu Grunde liegende Wachstumsannahme und das geplante Defizit.

Die Finanzminister werden über ihre Ideen den EU-Staats- und Regierungschefs zum nächsten Gipfel am 17. Juni einen Zwischenbericht vorlegen. Die noch ausstehenden Themen wie der Krisenmechanismus und die wirtschaftspolitische Koordinierung bergen anders als die Änderung des Stabilitätspakts Sprengstoff.

Euro-Schutzschirm aufgespannt

Denn Deutschland fordert mit einem Insolvenzverfahren für Staaten eine Neuerung, die eine Änderung des EU-Vertrages erfordern würde und der viele Länder skeptisch gegenüberstehen. Frankreich wirbt hinter den Kulissen für eine Wirtschaftsregierung auf Ebene der 16 Euro-Staaten - ein lang verfolgter Plan, den Deutschland bisher aus Sorge um die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank ablehnte.

Zuvor hatten die Euro-Finanzminister bereits das 440-Milliarden-Paket zur Rettung der Euroländer endgültig geschnürt. Erst nach stundenlangen Beratungen einigten sie sich auf die letzten Details zur Gründung einer Zweckgesellschaft. Über diese Gesellschaft können die Euroländer bis zu 440 Milliarden Euro an Krediten aufnehmen und an notleidende Partner weiterleiten. Deutschland ist mit maximal 148 Milliarden Euro an dieser Summe beteiligt.

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