Bauvertragsrecht:Besser abgesichert

Lesezeit: 4 min

Beim neuen Eigenheim kann vieles schief laufen: Handwerker machen Fehler, Zeiten werden überzogen. Gibt es Ärger, sind Häuslebauer oft hilflos. Das soll sich bald ändern.

Von Berrit Gräber

Von wegen Eigenheim, Glück allein: Wer schon einmal gebaut oder ein neues Objekt gekauft hat, weiß, wie schnell der Wohntraum zum nervenzehrenden Ärgernis werden kann. Gibt es Streit um Materialien, Pfusch, Abschlagszahlungen oder geplatzte Einzugstermine, stehen Laien meist auf verlorenem Posten. Das soll sich ändern. Der Bundestag hat jetzt ein neues Bauvertragsrecht beschlossen, das ab dem kommenden Jahr mehr Sicherheit und Schutz verspricht. Profitieren könnten vor allem Verbraucher, die schlüsselfertig bauen, wie Holger Freitag, Vertrauensanwalt des Verbands Privater Bauherren (VPB), betont. Trotzdem sollten Bauherren und Käufer weiter mächtig auf der Hut sein. Ein Überblick.

Anspruch auf Baubeschreibung

Unterlagen zum Eigenheimbau sind für alle Bauherren wichtig, die ohne Architekt bauen. Doch vor allem im Schlüsselfertig-Bereich rücken die Bauunternehmer damit gar nicht oder nur widerwillig heraus. Damit ist jetzt Schluss. Private Bauherren haben ab 2018 Anspruch auf eine präzise Baubeschreibung. Baufirmen müssen die Unterlagen künftig rechtzeitig vor Vertragsabschluss herausgeben, und zwar kostenlos. Das gilt auch für den Bauträgervertrag, bei dem zugleich das (Mit-)Eigentum am Grundstück oder ein Erbbaurecht übertragen wird. In den Unterlagen müssen wesentliche Eigenschaften des geplanten Objekts klar und deutlich beschrieben sein - etwa zum Thema Innenausbau, Armaturen oder zum Energiestandard. Verbraucher sollen genug Zeit haben für die Angebotsprüfung. "Es war zwingend, dass der Staat die Rechte der Bauherren stärkt und gesetzlich fixiert", sagt Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbands Haus & Grund Deutschland. Aber: Wer mit eigenem Architekten baut, hat keinen Anspruch auf eine Baubeschreibung, selbst wenn er das Projekt von einem Generalunternehmer umsetzen lässt.

Klare Verhältnisse

Bisher kam es oft zum Streit, wenn in der Baubeschreibung Leistungen gar nicht oder nur unklar beschrieben wurden. Mal fehlte die Information, wo der Erdaushub landet, oder ob es extra kostet, den Keller wasserdicht auszuführen. Oder die Angaben waren "so nebulös, dass billige Ware verbaut werden konnte", wie VPB-Anwalt Freitag berichtet. Jetzt müssen Qualitätsstandards erkennbar sein, ebenso wie Qualitätslücken. Es gilt: Das Niveau der in der Baubeschreibung erwähnten Leistungen ist maßgeblich. Ein Beispiel: Verspricht eine Baufirma Bauleistungen mit hohem Qualitäts- und Komfortstandard, lässt aber den Schallschutz unter den Tisch fallen, kann sie sich nicht mehr herausreden. Obwohl die Qualität des Schallschutzes nicht ausdrücklich erwähnt ist, muss die Firma auch hier ein überdurchschnittliches Niveau liefern und darf nicht nur einfache Materialien verbauen. Verbrauchern soll klar werden, was womöglich noch an Zusatzkosten auf sie zukommt.

Recht auf Unterlagen

Bisher kamen Bauherren oft nicht an Unterlagen heran, die sie für den Antrag auf einen Förderkredit brauchen. Oder es fehlten Unterlagen, die Bauherren gegenüber Behörden als Nachweis brauchen, dass ihr Haus den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht. Dass es zum Beispiel nicht mit der Bauordnung kollidiert, dass die Statik stimmt ebenso wie die Energievorgaben. Künftig muss die Baufirma solche wichtigen Planungsunterlagen bereits vor Baubeginn herausgeben. Damit kann der Kunde dann auch mit Hilfe eines Sachverständigen das Bauvorhaben überprüfen.

Neuer Widerruf

Künftig kann ein Verbraucherbauvertrag, der nicht vom Notar beurkundet wurde, widerrufen werden. "Es konnte passieren, dass jemand einen Kaufvertrag in sechsstelliger Höhe unterschrieb, ohne dass die Finanzierung klar war", gibt Freitag zu bedenken. Die Frist für einen Rückzieher beträgt 14 Tage ab Vertragsschluss - wenn der Kunde ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert wurde. Gab es Fehler bei der Belehrung, endet die Frist erst nach einem Jahr und 14 Tagen. Die Regelung dürfte Verbrauchern nutzen, die erst nach ihrer Unterschrift merken, dass sie keine Finanzierung hinbekommen. Nach heutiger Rechtslage kommt eine freie Kündigung immer teuer. Das neue Widerrufsrecht soll davor schützen. Völlig gratis ist ein Rücktritt aber auch künftig kaum zu kriegen: Je später er ausgesprochen wird, desto kostspieliger wird es.

Vorbei mit der Trödelei

Bisher gilt: Hat die Baufirma einen Fertigstellungstermin genannt, ist er in neun von zehn Fällen nichts wert. Verzögert sich der Einzug, kann das aber zum Finanzfiasko für private Bauherren werden, die monatelang noch ihre Miete schultern müssen. Das neue Recht verspricht auch hier Besserung. Der Schlüsselfertiganbieter muss künftig verbindlich angeben, wann der Bau fertig ist. Steht der Termin noch nicht fest, muss er zumindest die Dauer der Baumaßnahme benennen. "Kommt es zu Verzögerungen, ist der Verbraucher in einer viel besseren Position, wenn er verzögerungsbedingte Schäden geltend macht", betont Freitag.

Verbesserte Abschläge

Ein weiterer Pluspunkt ist die Regelung für Abschlagszahlungen an Schlüsselfertiganbieter. Bislang mussten sich Kunden an ungünstige Zahlungspläne halten. Die Abschläge waren so gestaffelt, dass die letzte Rate häufig bei unter fünf Prozent lag. Der Betrag reichte aber oft nicht aus, um aufgetretene Mängel auszubessern. Was hieß: Das Rückbehaltungsrecht zeigte keine Wirkung. Der Bauherr hatte kein echtes Druckmittel in der Hand, um den Unternehmer zur zügigen Mängelbeseitigung zu bewegen. Streit war programmiert. Auch das soll nächstes Jahr besser werden. Künftig dürfen Kunden als letzte Rate mindestens zehn Prozent vom Werklohn einbehalten. "Diese Größenordnung tut weh", erklärt Freitag. Die neue Begrenzung der Abschlagszahlungen auf 90 Prozent gilt nicht beim Bauträgervertrag.

Tipps für aktuelle Verträge

Auch wenn die Regeln erst von 1. Januar 2018 an gelten: Wer noch bis zum Winter ein schlüsselfertiges Projekt angehen will, sollte versuchen, die verbesserten Rechte schon jetzt in den Bauvertrag hinein zu verhandeln, empfiehlt Freitag: "Alles, was Pflicht wird, kann schon jetzt festgeschrieben werden." Sein Tipp: keine alten Bedingungen mehr akzeptieren und den Vertrag von unabhängigen Experten vor der Unterschrift nochmals prüfen lassen. Seriöse Baufirmen stellten sich gerade auf das neue Gesetz ein. "Wir bereiten uns auf die neuen Verträge vor, da kommt viel auf uns zu", bestätigt Antje Boldt, Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht aus München und Mitglied des Vorstands des Deutschen Baugerichtstags.

Mehr Informationen zur neuen Rechtslage gibt es unter www.vpb.de/faq-bauvertragsrecht.html. Ein Vertragsmuster für das schlüsselfertige Bauen bietet Haus & Grund gemeinsam mit dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) kostenlos auf www.hausundgrund.de

© SZ vom 16.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: