Bankgebühren:Warum die Banken Kontogebühren erhöhen - und der Kunde draufzahlt

Geldautomaten der Sparkasse

Der Trend unter Deutschlands Banken und Sparkassen ist klar: weniger Filialen in der Fläche, dafür höhere Gebühren für die Konten.

(Foto: dpa)
  • Überall im Land erhöhen Banken und Sparkassen ihre Gebühren für Girokonten, mal mehr, mal weniger heimlich.
  • Die Institute begründen das mit den niedrigen, teils negativen Zinsen.
  • Allerdings dürften sie an den Gebühren deutlich mehr verdienen, als sie für die Einlagen etwa bei der EZB zahlen.

Von Heinz-Roger Dohms, Hamburg

Die schlechte Nachricht erreichte die Hamburger am Donnerstagmorgen bei der Zeitungslektüre: "Haspa erhöht Kontogebühren für 900 000 Kunden", titelte das Hamburger Abendblatt. Für alle, die sich mit den Gepflogenheiten der Elbmetropole nicht so gut auskennen: "Haspa" steht für Hamburger Sparkasse. Es ist die Hausbank der halben Stadt, etwa 50 Prozent aller Hanseaten sind Kunde des Instituts. Für sie verteuert sich das klassische Girokonto von Herbst an um 34 Prozent auf 3,95 Euro monatlich. Und das exklusivere "Joker-Konto" kostet künftig sogar 7,90 Euro - ein Aufschlag von 15 Prozent auf den aktuellen Preis.

In gewisser Hinsicht ist Hamburg momentan überall. Denn quer durch die Republik erhöhen Volksbanken, Sparkassen und auch viele private Institute mal mehr, mal weniger heimlich die Gebühren für Konten und Karten. Die Stadtsparkasse München etwa verlangt für das "Privatgirokonto Komfort" anstatt 4,95 Euro nun 7,95 Euro. Und das bis dato kostenlose Online-Konto ist nur noch dann umsonst, wenn monatlich mindestens 1750 Euro auf das Konto eingehen. Ansonsten werden auch hier knapp fünf Euro fällig.

Auch die Hypo-Vereinsbank hat Anfang des Monats die Preise angehoben - wobei die Maßnahme mit einer Neugestaltung der Kontenpalette bemäntelt wurde. Kurz gesagt, bekommen die Kunden nun mehr Features angeboten. Dazu gehören zum Beispiel kostenlose SMS-Nachrichten, wenn das Guthaben auf dem Konto eine bestimmte Schwelle reißt. Auf der anderen Seite sollen die Kunden deutlich mehr bezahlen als vorher. So gibt es nun eine Art "All-inclusive"-Konto, für das die HVB satte 14,90 Euro im Monat verlangt.

Strafzinsen wären ein Tabubruch - für Kontoinhaber aber wohl günstiger

Es ist klar, warum so viele Banken die Gebühren erhöhen: Durch die Zinskrise verdienen sie an den Einlagen ihrer Kunden kaum noch etwas. Vorbei die Zeiten, in denen die örtliche Volksbank den Spargroschen der Oma einfach in eine gut verzinsliche deutsche Staatsanleihen verwandelte und - quasi ohne etwas dafür zu tun - eine Marge einstrich. Inzwischen tendiert die Rendite selbst langlaufender Bundesanleihen gegen Null. Die Geschäftsbanken parken ihr überschüssiges Geld stattdessen bei der EZB. Dort wird sogar ein Strafzins von 0,4 Prozent fällig.

Vor diesem Hintergrund scheint legitim, dass die Banken versuchen, Kosten an den Kunden weiterzugeben. Bloß: Ist es wirklich so, dass nur der Aufwand umgelegt wird - oder genehmigen sich viele Banken nicht eher "einen Schnaps obendrauf", wie es bei einer Großbank unter der Hand heißt? Wäre es letzten Endes nicht fairer, transparenter und für den Kunden billiger, wenn die Banken die negativen Zinsen an die Kontoinhaber weiterreichen?

Angesichts der Debatte der vergangenen Jahre und Monate wäre ein Negativzins auf private Bankeinlagen keine Alternative; er würde einen Tabubruch bedeuten. Das mag zwar symbolisch richtig sein. Rechnerisch aber liegen die Dinge anders.

Es gibt keine offiziellen Angaben, wie viel Geld auf deutschen Girokonten liegt. Die Finanzanalysten von Barkow Consulting allerdings kommen auf Basis von Bundesbankzahlen zu dem Ergebnis, dass es momentan rund 200 Milliarden Euro sind. Nimmt man an, die Banken reichten die Hälfte des EZB-Zinses an die Kontoinhaber weiter, erhöben also im Schnitt einen Strafzins von 0,2 Prozent, dann ergäbe sich eine jährliche Belastung von 400 Millionen Euro. Erhöhen die Institute dagegen ihre Gebühren um beispielsweise zwei Euro monatlich, ist der Hebel viel größer. Bei etwa 100 Millionen Girokonten in Deutschland käme man hochgerechnet auf 200 Millionen Euro im Monat, also 2,4 Milliarden Euro im Jahr.

Aus der Sicht einzelner Kunden wird diese theoretische Berechnung leichter nachvollziehbar. Legt man noch einmal die Barkow-Zahlen zugrunde, dann befinden sich auf einem durchschnittlichen deutschen Girokonto im Jahresmittel etwa 2000 Euro. Beim angenommen Strafzins von 0,2 Prozent würde die Bank also vier Euro jährlich vom Kunden einbehalten. Zum Vergleich: Die Sparkasse Gütersloh stellt ihren Kunden seit der jüngsten Gebührenerhöhung allein für die Kreditkarte 42 Euro pro Jahr in Rechnung.

Eine andere Frage ist, ob man nicht Tagesgeld, Festgeld und andere Sparkonten in die Rechnung einbeziehen müsste. Anders als beim Girokonto handelt es sich dabei allerdings um Sparprodukte. "Darum hätte der Negativzins hier noch einmal eine ganz andere Dimension", sagt Peter Barkow. Auch Karsten Junge, Experte für Privatkunden-Banking bei der Beraterfirma Consileon, glaubt, dass der Negativzins nur beim Girokonto infrage kommt - wenn überhaupt. "Denn anders als etwa das Tagesgeld lebt das Girokonto davon, dass der Zins eben nicht zum Leistungsversprechen gehört."

Das Vorgehen der Banken folgt offenbar einem Kalkül

Vieles deutet darauf hin, dass das Vorgehen der Banken einem Kalkül folgt. Nachdem sie die Zinsen auf Sparprodukte immer weiter gegen Null gesenkt haben, sind nun die Gebühren an die Reihe. Die schwelende Debatte um den Negativzins könnte der Branche dabei durchaus zupass kommen. Denn solange der Strafzins als Drohkulisse im Raum steht, aber nicht umgesetzt wird, nimmt der Kunde die Gebührenerhöhungen als das kleinere Übel wahr. "Würde die erste Bank die Zinsen in den Minusbereich senken, wäre der Aufschrei programmiert. Gebühren akzeptiert der Kunde viel eher, selbst wenn ihn das am Ende viel teurer kommt", sagt Banken-Kenner Junge.

Die Zinsen unter Null zu senken, wäre für die Banken außerdem mit einem hohen technischen Aufwand und juristischen Implikationen verbunden. Gebühren dagegen lassen sich quasi "auf Knopfdruck" anheben, wie Barkow sagt. Anders ausgedrückt: Da kaum Aufwand anfällt, sind zwei Euro Ertrag zugleich zwei Euro Gewinn. Was der Branche darüber hinaus in die Hände spielt: Während die Kunden beim Tagesgeld oder bei der Baufinanzierung die Konditionen sehr genau vergleichen, hält die Mehrheit der Deutschen beim Girokonto der Hausbank die Treue. Trotz neuartiger Kontowechsel-Dienstleistungen haben drei Viertel aller Bundesbürger ihr Girokonto noch immer bei der Bank, wo sie es immer schon hatten, zeigt eine Studie des Digitalverbands Bitkom von Anfang Juni. Die Verbrauchzentralen errechneten 2013 ähnliche Zahlen.

Vermutlich muss auch die Hamburger Sparkasse nicht fürchten, dass jetzt viele Kunden ihr Konto kündigen werden. Im Abendblatt hat Haspa-Vorstand Jürgen Marquardt am Donnerstag die Gebührenerhöhungen schon einmal vorsorglich wie einen Akt der Notwehr verkauft: Die "Preisanpassungen" seien "leider unausweislich", sagte er.

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