Arbeitnehmer:Sparen mit dem Chef

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Betriebliche Altersvorsorge ist wegen der staatlichen Förderung attraktiv - gerade jetzt.

Thomas Strohm

Betriebsrente? Das klingt in den Ohren vieler wohl ein bisschen nach längst vergangenen Zeiten, nach einem ganzen langen Arbeitsleben in ein und demselben Betrieb, nach einem Zubrot im Alter vom Firmenpatriarchen. Von so viel Kontinuität können Beschäftigte heute meist nur träumen, Flexibilität ist in der Arbeitswelt gefordert, Bereitschaft zum Stellenwechsel inklusive.

Dennoch ist die Betriebsrente alles andere als ein angestaubtes Auslaufmodell, sie ist vielmehr moderner und gefragter denn je.

Seit einigen Jahren, genauer: mit dem seit Anfang 2002 geltenden Altersvermögensgesetz, haben sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nämlich einen gesetzlichen Anspruch auf die betriebliche Altersvorsorge, kurz bAV, mittels Entgeltumwandlung.

"Attraktive Möglichkeit"

Vom Bruttolohn wird etwas für die Rente abgezwackt und der Staat fördert das kräftig mit Steuervorteilen sowie Sozialabgabenfreiheit. Und auch der Wechsel des Arbeitgebers soll kein Hindernis beim kontinuierlichen Sparen für den Lebensabend sein. "Die betriebliche Altersvorsorge ist für viele Beschäftigte eine attraktive Möglichkeit", sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten (BdV): "Besonders interessant wird es, wenn nicht nur die Arbeitnehmer einen Teil ihres Lohnes dafür einsetzen, sondern auch der Chef freiwillig noch etwas beisteuert."

Ein paar Zahlen: Mehr als 17 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte haben derzeit in Deutschland einen Anspruch auf Betriebsrente, heißt es im Alterssicherungsbericht 2008 der Bundesregierung; verglichen mit 2001 ist das ein Plus von mehr als einem Fünftel.

Der Anteil der Betriebe in der Privatwirtschaft mit einer zusätzlichen Altersversorgung kletterte im selben Zeitraum von 31 auf 51 Prozent. Zugleich ist die Zahl der Unternehmen, bei denen der Arbeitgeber die Betriebsrente voll finanziert, kräftig gesunken, von 54 auf 38 Prozent. Ausschließlich die Arbeitnehmer zahlen in 32 Prozent der Unternehmen für ihre Betriebsrente, 2001 waren dies lediglich 26 Prozent. Deutlich gestiegen ist der Anteil der Firmen, in denen sich Chefs und Beschäftigte die Zahlungen für die Rente teilen.

"Dem Arbeitgeber stehen zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung grundsätzlich fünf verschiedene Modelle offen", erläutert der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv): "So kann der Betrieb die Altersversorgung seiner Mitarbeiter in Eigenregie unmittelbar im Betrieb organisieren, dann wird er seinen Mitarbeitern eine Direktzusage geben."

Arbeitgeber entscheidet

Diese unmittelbare Variante ist für das Unternehmen allerdings mit Risiken verbunden, es muss Rückstellungen in der Bilanz bilden; darüber hinaus ist die Variante aufwendig und deshalb auch eher für Großkonzerne als für Mittelständler geeignet. Die andere, mittelbare Möglichkeit: "Der Betrieb beauftragt einen externen Versorgungsträger mit der Abwicklung", erläutern die Verbraucherschützer: "Das kann eine Unterstützungskasse, eine Pensionskasse, eine Direktversicherung oder ein Pensionsfonds sein."

Welcher der fünf Wege eingeschlagen wird, entscheidet der Arbeitgeber. "Dieser kann den Durchführungsweg vorschreiben", stellt Expertin Boss vom BdV fest: "Auch auf die Wahl des Anbieters hat der Arbeitnehmer keinen Einfluss." Immerhin bleibt die Hoffnung, dass der Arbeitgeber durch die Bündelung bessere Gruppenkonditionen bekommt.

Die Beiträge des Beschäftigten werden vom Bruttoeinkommen gezahlt, der Arbeitgeber überweist einen Teil des Gehalts aufs Rentenkonto statt aufs Bankkonto des Arbeitnehmers. "Steuerlich bringt das erhebliche Vorteile", unterstreichen die Experten des vzbv.

Fließt das Geld in eine Direktzusage oder eine Unterstützungskasse, sind die Beiträge in unbegrenzter Höhe steuerfrei. Wird in eine Pensionskasse, einen Pensionsfonds oder eine Direktversicherung eingezahlt, sind derzeit 4392 Euro steuerfrei; das sind vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung plus 1800 Euro.

Reizvoll für privat Krankenversicherte

Bis zur genannten Vier-Prozent-Grenze, 2009 sind das 2592 Euro, bleiben Beiträge zudem sozialabgabenfrei. "Ein Großteil der Vorsorge wird bei der Entgeltumwandlung also über die Ersparnis von Steuern und Sozialabgaben finanziert", sagen die Verbraucherschützer: "Gemessen am Nettoeinkommen verzichtet der Arbeitnehmer daher oft nur auf 40 bis 60 Prozent des Geldes, das in die Betriebsrente fließt."

Der Fiskus schlägt allerdings zu, wenn die Rente im Alter von mindestens 60 Jahren ausgezahlt wird, egal ob das per monatlicher Rente oder mit einem Einmalbetrag geschieht: Es wird der individuelle Steuersatz fällig. Weil dieser im Alter meist niedriger ist als mitten im Erwerbsleben, ist das dennoch vorteilhaft. Zudem wird dann aber auch noch der volle Beitragssatz zur Krankenkasse und zur Pflegeversicherung kassiert.

"Für privat Krankenversicherte fallen weder Kranken- noch Pflegeversicherungsbeiträge an", stellen die BdV-Experten fest: "Besonders reizvoll kann die betriebliche Altersvorsorge deshalb für Gutverdiener sein, die privat krankenversichert sind."

Allerdings sollte alleine das beileibe noch kein Grund sein, nun in die private Krankenversicherung zu wechseln.

Mitnahmeanspruch gesetzlich geregelt

Was aber passiert mit den Ansprüchen, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber wechselt? Dabei kommt es wiederum auf den Durchführungsweg an. Bei den internen Varianten - Direktzusage und Unterstützungskasse, bei denen der Anspruch an den Arbeitgeber besteht - kann der neue Chef die Zusage des alten zwar grundsätzlich unverändert übernehmen, in der Praxis wird das aber kaum geschehen.

Die Versorgungszusage verbleibt deswegen beim alten Unternehmen, das daran weiterhin gebunden ist. Privat kann der Arbeitnehmer diese beiden Formen nicht fortführen. Die Beiträge selbst privat einzuzahlen, ist zwar bei den externen Varianten - Direktversicherung, Pensionsfonds, Pensionskasse, bei denen der Arbeitnehmer einen Anspruch gegen den jeweiligen Anbieter hat - möglich.

Aber es ist nicht ratsam, warnt Boss. Attraktiv wird die Betriebsrente schließlich mit der staatlichen Förderung; ungeförderten privaten Renten- oder Lebensversicherungen steht der BdV traditionell äußerst skeptisch gegenüber. "In eine bestehende Pensionskasse, in einen Pensionsfonds und in eine Direktversicherung kann der neue Arbeitgeber einsteigen", sagt Boss: "Falls er das nicht will, können Beschäftigte alternativ die erworbene Anwartschaft auf sein Versorgungssystem übertragen."

Für Zusagen, die von 2005 an gegeben wurden, ist der Mitnahmeanspruch gesetzlich geregelt, bei älteren Verträgen ist der Arbeitnehmer auf die Zustimmung des alten und des neuen Arbeitgebers angewiesen. Während Ansprüche aus Entgeltumwandlung sofort unverfallbar sind und mitgenommen werden können, müssen bei Ansprüchen aus Arbeitgeberbeiträgen bestimmte Fristen eingehalten sein, damit sie nicht verfallen.

Keine Sorgen um die Sicherheit

Um die Sicherheit der Betriebsrenten müssen sich Beschäftigte keine Sorgen machen. Schlittert das Unternehmen in die Insolvenz, garantiert der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) die Ansprüche aus Direktzusagen, Unterstützungskassen und Pensionsfonds.

Bei Direktversicherungen und Pensionskassen ist der PSV zwar nicht zuständig, gerät solch ein Anbieter in Schieflage, springt aber die Auffanggesellschaft der Versicherungsbranche namens Protektor ein.

Das Auffangnetz ist also dicht geknüpft. Die Rendite von Betriebsrenten ist dabei vergleichbar hoch wie bei Riester-Renten. Steuert der Arbeitgeber etwas bei, kann die betriebliche Vorsorge sogar die Nase vorn haben. Bei Versicherungsnehmern mit vielen Kindern kann wiederum das Riestern attraktiver sein. "Wichtig ist, nicht vorschnell zu entscheiden", sagt Versicherungsexpertin Boss.

"Am besten lässt man sich immer von einem unabhängigen Experten beraten und verschiedene Möglichkeiten durchrechnen." Und erst dann einen oder - wenn das Geld reicht - auch mehrere Wege der geförderten Altersvorsorge beschreiten.

© SZ vom 23.4.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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