Aktien als Geldanlage:Der Dax ist nicht böse

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Der Bulle steht für steigende Kurse. (Foto: dpa)

Viele Anleger fürchten sich vor der Aktie. Aber in Zeiten von Nullzinsen und einem Dax, der bei 10.000 Punkten steht, sollte man umdenken.

Kommentar von Hans von der Hagen

Vor Jahren machte sich der Redakteur eines US-Magazins auf die Suche nach der langweiligsten Überschrift der Geschichte. Das Ergebnis lautete: "Worthwhile Canadian Initiative", übersetzt also: "Eine lohnenswerte kanadische Initiative". Das Vorhaben fanden viele so interessant, dass es längst Blaupause vieler weiterer Versuche ist, öde Überschriften und Artikel dingfest zu machen. Schwierig ist das nicht. Schon die meisten Börsenberichte lassen Zuschauer und Leser in Ohnmacht fallen. Dafür sorgen die eigentümlichen Textbausteine, die mit mathematischer Gewissheit auftauchen: "Hausse" etwa, oder "Widerstandslinie", "uneinheitlich", "bearisch" oder "der breiter gefasste S&P-500". Und natürlich: "technische Reaktion". Puh.

Es wäre o. k., wenn sich solche Wörter unauffällig zwischen die Kursspalten mogelten, doch sie verstellen eben auch den Blick auf etwas ganz Wesentliches: die Aktie. Gerade in diesen Tagen erregt sie wieder Aufmerksamkeit, weil der - Börsensprech! -, "deutsche Leitindex" Dax gerade mal wieder eine "psychologisch wichtige Marke" in Angriff nimmt: die von 10 000 Punkten. Natürlich ist die Zahl psychologisch nicht bedeutsamer als ein gut aussehender Tachostand im Auto, doch in diesem Fall belegt sie immerhin, dass es gerade ganz ordentlich läuft an der Börse. Damit sie etwas besser einzuordnen ist, einige Vergleiche: Im Jahr 2000 erreichte der Dax 8000 Punkte, brach dann auf etwa 2500 "Zähler" ein, 2007 war er wieder bei 8000, stürzte erneut ab, stieg 2015 bis auf 12 000 Punkte und nun eben: knapp 10 000.

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Auch in der Familie über das Reizthema Geld sprechen

Das zeigt: Wer lang genug dabeiblieb, konnte durchaus Geld verdienen. Und so ist der aktuelle Punktestand mal ein Grund zu überlegen, warum man selbst womöglich keine Aktien besitzt. Gerade jetzt, wo so viel Geld zinslos auf den Konten ruht. Sicher, viele Beispiele unterstreichen, wie riskant die Börse ist. Vor allem in Tokio wissen sie das, wo die Kurse noch weit von dem Niveau entfernt sind, das Anfang der Neunzigerjahre einmal erreicht wurde. Auch in Deutschland liegen in zahlreichen Depots noch Trümmer des "Neuen Marktes", weil der Wert der Papiere nie mehr ausreichen wird, um auch nur die Gebühren für den Verkauf zu decken.

Doch es gibt viele Gegenbeispiele. Sie zeigen, dass Firmen über Jahre hinweg ihren Eignern einen vernünftigen Vermögenszuwachs bescheren können. Das ist ja die herausragende Eigenschaft der Aktie: Sie macht ihren Besitzer zum Mitunternehmer und befreit ihn so aus der Rolle des bloßen "Verbrauchers", wie die Ökonomen gerne die Menschen bezeichnen. Aktionär sein bedeutet also, sich nicht nur über die Preispolitik der Konzerne ärgern zu müssen, sondern sich an den Gewinnen beteiligen zu können. Da das dummerweise auch für die Verluste gilt, hat die wichtigste Regel für den Aktienkauf nie an Relevanz eingebüßt: Es gehört nur Geld an die Börse, das auf absehbare Zeit nicht gebraucht wird.

Allein - was soll denn gekauft werden? Das ist eine Frage, auf die man in den Banken als privater Anleger nur noch eine Antwort erhält: Fonds. Die sind dann meistens mit einem üppigen "Ausgabeaufschlag" versehen, den der Kunde zunächst mühsam mit seinen Papieren verdienen muss. Es gibt gute Alternativen, doch die Orte, an denen man darüber mit anderen diskutieren kann, sind rar. Darum sind die 10 000 Punkte des Dax vielleicht gar mal ein Anlass, in der Familie oder im Freundeskreis über das Tabu- und Reizthema Geld zu sprechen. Über das, was jetzt, in Zeiten des Nullzinses, zu tun ist. Gelingt das, wird man rasch feststellen: Die Börse ist gar nicht so langweilig.

© SZ vom 19.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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