Spam-Jubiläum:40 Jahre unerwünschte Mails

Lesezeit: 3 min

Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam, Spam. (Foto: Issei Kato/Reuters)
  • Heute vor 40 Jahren wurde die erste Spam-Mail verschickt. Etwa 600 Menschen erhielten die Nachricht.
  • Der Absender Gary Thuerk wollte mit der Massenmail Computer verkaufen und nahm nach eigenen Angaben zwölf Millionen Dollar ein.
  • Sofort nach der Mail beschwerten sich die Empfänger über das Verhalten von Thuerk.

Von Marvin Strathmann

Gary Thuerk verdiente mit einer einzigen Spam-Mail mehr als zwölf Millionen Dollar. Davon können die vermeintlichen nigerianischen Prinzen, die falschen Mitarbeiter von Amazon oder die "heißen Singles in Ihrer Umgebung" nur träumen, deren Nachrichten jeden Tag millionenfach in den Postfächern der Nutzer landen. Thuerk hatte Erfolg, weil er der Erste war, der eine Spam-Mail schrieb. Der Marketing-Experte verschickte sie vor 40 Jahren, am 3. Mai 1978.

Spam muss nicht gleich Betrug bedeuten: Eigentlich sind damit nur massenhaft unerwünschte Mails gemeint. Mit der ersten Spam-Mail wollte Thuerk keine dubiosen Pillen verschachern oder an die Passwörter der Empfänger kommen wie Online-Kriminelle heute. Er wollte Computer verkaufen. In Großbuchstaben pries er die Vorteile der neusten Decsystem-20-Computer an, hergestellt von der mittlerweile nicht mehr existierenden Firma Digital Equipment Corporation. Außerdem lud er die Empfänger zu zwei Präsentationen der Produkte nach Kalifornien ein.

Thuerk nutzte für seine Mail das Arpanet, einen Vorläufer des Internets. Über das Arpanet waren hauptsächlich Universitäten und die dortigen Netzwerk- und Computer-Experten miteinander verbunden. Genau die passende Zielgruppe für Thuerk.

Adressen aus einem Buch

In einem Videointerview beschreibt der Marketing-Experte, wie er mit einem gelben Marker die Mailadressen von möglichen Kunden an der amerikanischen Westküste kennzeichnete. Damals passten die etwa 2600 Teilnehmer des Arpanets und ihre E-Mail-Adressen noch in ein einzelnes, gedrucktes Verzeichnis, das als Telefonbuch für das noch kleine Netz fungierte.

Cybercrime
:Die Nigeria-Connection - Abzocke für Fortgeschrittene

Der Online-Betrug der "Wirewire"-Boys ist allgegenwärtig und wird von Musikern verherrlicht. Im Land fühlt man sich mit dem Problem alleingelassen.

Von Sebastian Gluschak

Anschließend tippte ein Ingenieurskollege von Thuerk die Adressen in den Computer, während dieser an der Formulierung der Mail arbeitete. Sie sollte an 593 Empfänger gehen, erreichte aber im ersten Anlauf nur 320. Mit mehr Adressen auf einmal konnte das Mailprogramm nicht umgehen. Thuerk und sein Kollege bemerkten den Fehler und schickten die Werbemail in einer zweiten Welle an die restlichen Adressen.

Erste Spam-Mail, sofortige Beschwerden

Wegen Thuerk mussten sich schon die Computerpioniere mit Spam herumschlagen. Unter den Empfängern war zum Beispiel Douglas C. Engelbart, der 2013 verstorbene Erfinder der Computermaus. Und schon damals kam die unerwünschte Werbemail nicht gut an. Im Gespräch mit einem Journalisten der amerikanischen Zeitschrift Computerworld erzählt Thuerk von der Beschwerde eines Mitarbeiters der Universität von Utah: Die Mail hätte sein System lahmgelegt, da sie den restlichen Speicherplatz des Computers aufgebraucht habe. "Fast sofort kamen Beschwerden", sagt Thuerk. Auch ein Vertreter des Arpanets habe ihn später angerufen. Thuerk musste ihm versprechen, so etwas nie wieder zu tun. Weitere Nachrichten von betroffenen Arpanet-Nutzern sind auf der Webseite des Software-Entwicklers Brad Templeton zu finden.

Thuerks Werbemail hatte trotzdem Erfolg: Jeweils 20 Menschen kamen zu den beworbenen Computer-Präsentationen und er konnte nach eigenen Angaben Verkäufe im Wert von mehr als zwölf Millionen Dollar abschließen.

Spam, Ei, Spam, Spam, Bacon und Spam

Damit ist Thuerk als erster Spammer in die Internet-Geschichte eingegangen, auch wenn der Name Spam erst später aufkam. 1993 verwendete ein Nutzer eines Usenet-Forums wohl zum ersten Mal den Begriff Spam, um damit massenhafte unerwünschte Nachrichten zu beschreiben. Und Schuld daran haben vermutlich die britischen Komiker der Gruppe "Monty Python", die ein Dosenfleisch der Marke "Spam" in einen ihrer Sketche aufnahmen.

In dem Sketch von 1970 taucht Spam massenhaft auf der Karte eines Restaurants auf, zur Auswahl stehen unter anderem Ei und Spam; Spam, Ei, Spam, Spam, Bacon und Spam oder Spam, Würstchen, Spam, Spam, Bacon, Spam, Tomate und Spam. Während die Kellnerin die Spam-Karte vorliest und mit Gästen über Spam diskutiert, nerven die anwesenden Wikinger immer wieder mit einem Spam-Song, der eigentlich nur aus dem Wort Spam besteht und zwischendurch den lovely Spam und wonderful Spam würdigt.

YouTube

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von YouTube angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von YouTube angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Hintermänner werden fast nie entdeckt

Die erste Spam-Mail mag 40 Jahr alt sein und das Wort auf einem 48 Jahre alten Sketch basieren, aber die nervigen Nachrichten füllen bis heute jedes Postfach. E-Mail-Anbieter versuchen sie möglichst früh zu erkennen und in einen eigenen abgeschirmten Bereich zu verfrachten, den Spam-Ordner. Google warnt Nutzer seines Mailprogramms Gmail seit Kurzem mit großen weißen Buchstaben auf einem roten Balken, wenn die Schutzsysteme eine Mail für verdächtig halten.

Allerdings werden Spam-Mails wohl so schnell nicht verschwinden. Technisch gesehen ist es recht einfach, massenhaft Mails zu versenden und auf diese Weise dubiose Online-Casinos anzupreisen oder zu versuchen, an Passwörter zu gelangen. Die Hintermänner werden fast nie entdeckt. Das war im 2600 Nutzer starken Arpanet noch anders: Jeder wusste, dass die aufdringliche Werbemail von Gary Thuerk kam.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Online-Betrug
:Die Spam-Mails sind wieder da

Lange sah es so aus, als ob die Flut an unerwünschten Nachrichten abnimmt. Stattdessen werden weltweit immer mehr verschickt, mit neuen Betrugsmaschen und gefährlicher als je zuvor.

Von Christoph Gurk

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: