Konkurrenz durch Google:Wer fürchtet sich noch vor Microsoft?

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Der Absatz sinkt, man ist träge geworden oder verpennt die Entwicklung gleich ganz: Einst galt Microsoft als Bösewicht - heute gruseln sich die Menschen vor Google. Dieser Rollentausch sagt viel über den tief greifenden Wandel der Technologiebranche und über die Gewohnheiten der Menschen.

Von Varinia Bernau

Bei einem amerikanischen Boulevardblatt gab es damals sogar einen Abreißkalender zur Einführung von Microsofts neuem Betriebssystem. "Countdown zur Weltherrschaft", hieß der Service für Nerds. Fast zwölf Jahre ist das nun her - und wirkt doch wie aus einer anderen Zeit. Wer hockt sich heute schon noch gern vor einen PC? Wer fiebert schon einer Neuauflage von Windows entgegen? Und vor allem: Wer fürchtet sich heute noch vor Microsoft?

Die Anzahl der verkauften PCs sinkt seit Jahren. Und das ist nicht nur ein Problem für die großen Computerhersteller. Es ist auch ein Problem für einen der größten Softwarehersteller. Auf neun von zehn Rechnern läuft Microsofts Betriebssystem Windows. Das sichert dem Konzern gut ein Drittel seines Gewinns. Und das hat ihn träge gemacht. So träge, dass das Unternehmen in den vergangenen Jahren jede neue Entwicklung nur halbherzig nachgemacht oder gleich ganz verpennt hat: Internetsuchmaschinen, tragbare Musikspieler, digitale Bücher, soziale Netzwerke.

Das rächt sich nun: Wenn keiner PCs kauft, dann kauft eben auch keiner die dazu passende Software. Immer mehr Menschen erledigen all das, was sie einst am PC erledigt haben, auf einem Smartphone oder einem Tablet. Und sie greifen dabei nur selten zu einem Gerät aus dem Hause Microsoft: 900 Millionen Dollar musste der Konzern im vergangenen Quartal auf die Bestände seines Tablets Surface abschreiben. Erst im Oktober hatte der Konzern das Modell in die Läden gebracht, mehr als zwei Jahre, nachdem Apple sein iPad vorgelegt hatte. Und nun blieben die Dinger doch liegen. Nicht einmal üppige Rabatte halfen da.

Immerhin kann sich Microsoft darauf verlassen, dass im Büro noch andere Regeln gelten als im Wohnzimmer: Vor allem das Geschäft mit dem Office-Paket, wozu etwa Programme zur Textverarbeitung und zur Tabellenkalkulation zählen, sorgte dafür, dass die Erlöse im abgelaufenen Quartal um ein Zehntel auf 19,9 Milliarden Dollar stiegen. Es war trotzdem weniger, als viele erwartet hatten.

Auch Google wird an der Börse abgewatscht

Börsianer gönnen niemandem eine Verschnaufpause. Nicht einmal Google. Jenem Unternehmen, dem inzwischen die Rolle des Bösewichts zukommt, die viele einst Microsoft zuschrieben. Der Internetkonzern, mehr als 20 Jahre nach Microsoft gegründet, wirkt auch deshalb so mächtig, weil er es verstanden hat, sein wichtiges Geschäft mit Werbung im Internet in jene Zeit zu retten, in der die Leute nicht mehr vor dem PC hocken, sondern unterwegs auf ihren Smartphones im Netz surfen.

Google hat dafür das Pendant zu Windows entwickelt: Android, ein schlankes Betriebssystem, das auch kleinere Geräte am Laufen hält. Der Konzern bietet es vielen Geräteherstellern kostenlos an. Mit Erfolg. Android läuft auf 60 Prozent aller in Deutschland verkauften Smartphones, Microsofts mobiles Betriebssystem hingegen gerade einmal auf fünf Prozent.

Weltweit seien bis heute mehr als 900 Millionen Android-Geräte aktiviert worden, so prahlte Google-Chef Larry Page nun. Das meiste Geld verdient Google aber weiterhin mit Werbung durch Textanzeigen rund um seine Suchmaschine. Grafische Werbeanzeigen, die sogenannten Banner, auf Internetseiten wie der zu Google gehörenden Videoplattform Youtube, werden immer wichtiger. Die Anzahl der Klicks auf die Werbung stieg deutlich, allerdings sanken die Einnahmen pro Klick. Und das liegt auch daran, dass viele dieser Anzeigen auf den kleinen Bildschirmen von Smartphones gebucht werden - zu niedrigeren Preisen.

Und was macht Google? Steckt Geld in die Entwicklung. Den Börsianern passt so etwas gar nicht. Denn von den deutlich gesteigerten Erlösen von 14,1 Milliarden Dollar blieb im abgelaufenen Quartal weniger Gewinn übrig. Also stießen sie auch Google-Aktien ab. Das Ende der Weltherrschaft aber ist das noch nicht.

© SZ vom 20.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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