Klimaschutz bei Google, Facebook & Co.:Grüner Surfen

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Suchabfragen erzeugen Kohlendioxid, deshalb setzt Google werbewirksam auf Solarparks, Facebook auf sparsame Server. Doch die Europäer sind beim Klimaschutz schon viel weiter.

Varinia Bernau

Es soll der größte Solarpark der Welt werden. Und das Geld dafür kommt ausgerechnet von einem großen Klimasünder: Der Internetkonzern Google hat 168 Millionen Dollar bereit gestellt, um im südlichen Kalifornien eine Solaranlage aufzubauen, die etwa so viel Strom liefern soll wie der Block eines Kohlekraftwerkes. Ein neues Bekenntnis zum Klimaschutz oder nur kühle Berechnung?

Mit seiner Suchmaschine und seiner digitalen Videothek Youtube stellt Google zwei der am häufigsten aufgerufenen Seiten im Netz. Und dafür braucht es viel Strom: Durch eine einzelne Suchabfrage etwa entstehen 0,2 bis 10 Gramm Kohlendioxid, schätzt der Klimaschutzexperte Andreas Grabolle. "Die Frage ist: Was rechne ich alles mit ein?

Auch die Stromkosten, wenn ich meinen Computer anschalte, auch den Stromverbrauch für die Herstellung der Server in den Rechenzentren, auch den Datentransfer?" Tatsächlich sei die Zahl der Abfragen für das Ausmaß der in die Luft gepusteten Schadstoffe zweitrangig. Roboterprogramme, die im Netz ständig nach Veränderungen oder neuen Seiten suchen, seien in den riesigen Rechenzentren immer aktiv. Selbst dann, wenn gerade niemand eine Abfrage starte.

Aus gutem Grund hat die Internetfirma Facebook, die mit ihrem digitalen Plaudertreff ebenfalls eine der meistbesuchten Web-Seiten am Laufen halten muss, in der vergangenen Woche Baupläne für energieeffizientere Großrechner offengelegt und ausdrücklich dazu eingeladen, sich an der weiteren Entwicklung zu beteiligen. Fotos und Filme, Gesprächsfetzen und Empfehlungen - je mehr Daten im Netz ausgetauscht werden, desto schneller und sparsamer müssen die Großrechner dahinter sein. Andernfalls gerät das Wachstum der Internet-Branche ins Stocken.

Den Energieverlust, so prahlte Facebook, habe man in dem neuen Rechenzentrum auf drei Prozent drücken können. In Europa beeindruckt das aber nur wenige: Anregungen könne das von Facebook angestoßene Projekt sicherlich liefern, als Blaupause tauge es aber nicht, sagt René Wienholtz, Technikvorstand bei Strato.

Das Unternehmen, seit einem knappen Jahr eine Telekom-Tochter, zählt hierzulande zu den größten Verwaltern digitaler Datenströme - und kann es sich, ähnlich wie Facebook, leisten, seine Server nach Maß bauen zu lassen. Weltweit, so schätzt Wienholtz, gelte das aber gerade einmal für ein Dutzend Unternehmen. Die meisten seien einfach zu klein.

Seit vier Jahren arbeitet Strato eng mit AMD zusammen, um etwa effizientere Prozessoren zu entwickeln. Die Herzstücke eines jeden Rechners sind einer der größten Stromfresser. Und so, wie dem Web-Hoster daran gelegen ist, seinen Stromverbrauch zu senken, so ist dem Hardwarehersteller daran gelegen, seine Bauteile in großem Stil zu testen.

Zur Kühlung der Rechner setzt man bei Strato zudem seit kurzem auf kostengünstige Frischluft. Nur wenn die Außentemperatur über 25 Grad steigt, muss eine eigene Kühlanlage in den Rechenzentren laufen. Es sind viele Maßnahmen, die dabei helfen sollen, dass Wienholtz sein Versprechen halten kann: "Wir wollen unseren Stromverbrauch weiterhin konstant halten, selbst wenn der Datenverkehr stetig steigt."

Bislang steuert Strato die Datenströme für etwa vier Millionen Web-Seiten. Dazu betreibt das Unternehmen in seinen beiden Rechenzentren 35000 Server, verbraucht etwa so viel Energie wie 5000 Vier-Personen-Haushalte. "Strom ist bei den Betriebskosten der größte Posten. Und vieles, was in den vergangenen Jahren unter dem Stichwort Green IT angestoßen wurde, ist tatsächlich ein Programm, um die Betriebskosten zu senken", sagt Wienholtz. Auch bei Strato hat man die Luftströme in den Rechenzentren anders gesteuert und die Bauteile der Rechner verbessert. Um ein gutes Drittel konnte das Unternehmen damit binnen eineinhalb Jahren den Stromverbrauch senken - und damit auch seine Kosten. Zunächst einmal.

Denn vor gut drei Jahren wechselte Strato den Energieversorger. Seither kommt der Strom für die Server vollständig aus Wasserkraftwerken. Ähnlich läuft es bei der United-Internet-Tochter 1&1, die 2007 als erster Provider seine Rechenzentren in Europa ausschließlich mit regenerativen Energien betrieb. Zum Vergleich: Facebooks Rechenzentrum steht zwar im ökologischen Vorzeige-Bundesstaat Oregon. Aber was für die Amerikaner Avantgarde ist, das ist für die Europäer ein alter Hut: Der Anteil an erneuerbaren Energien liegt dort gerade einmal bei 20 Prozent.

© SZ vom 13.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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