Kampagne gegen Leistungsschutzrecht:Googles scheinheiliger Kampf

A neon Google logo is seen as employees work at the new Google office in Toronto

Google predigt Tranzsparenz, ist aber ein nicht sehr durchsichtiger Laden.

(Foto: REUTERS)

Das Leistungsschutzrecht ist nicht gefährlich für die Informationsfreiheit. Gefährlich ist nur die Art und Weise, mit der der Weltkonzern seine gewaltige Marktmacht nutzt, um den Gesetzgeber zu drangsalieren.

Heribert Prantl

Werbung darf vieles. Sie darf übertreiben, sie darf reißerisch sein, sie darf trommeln und Stimmung machen. Sie darf auch ein wenig schwindeln und die Leute ein wenig für dumm verkaufen. Aber sie darf es damit nicht maßlos übertreiben. Sie darf, zum Beispiel, die Leute nicht bewusst irreführen. Wer das macht, der tut sich erstens langfristig keinen Gefallen, und der verstößt zweitens gegen das Gesetz, das den Verbraucher vor unlauterem Wettbewerb schützen soll.

Besonders lauter ist die Kampagne des Internetkonzerns Google nicht. Google zieht all seine Register, und das sind viele, um das sogenannte Leistungsschutzrecht zu verhindern, das am Donnerstag im Bundestag in erster Lesung behandelt werden soll: Die Google-Nutzer werden gedrängt, in E-Mails bei den Abgeordneten gegen das geplante Gesetz zu protestieren.

Google geriert sich dabei wie der Schutzengel des Internets, der über die Freiheit des Netzes wacht und dafür uneigennützig um Unterstützung wirbt: "Verteidige Dein Netz - Finde weiterhin was Du suchst", heißt es da. Eigennütziger freilich geht es kaum: Google versucht, ein Gesetz abzuschießen, das mitnichten das Suchen im Netz erschwert, das aber dem Konzern nicht passt, weil es ihn zu Zahlungen verpflichtet. Die Suchmaschinen Google und Co sollen künftig für ihren systematischen Zugriff auf journalistische Inhalte Gebühren zahlen; sie sollen ein paar Knöpfe entrichten dafür, das sie die Leistung von anderen aufbereiten und für ihre Geschäfts- und Werbezwecke benutzen.

Leistungsschutzrecht gefährdet Informationsfreiheit nicht

Man kann dieses Gesetz natürlich für falsch, für überflüssig, weitgehend unpraktikabel oder auch für schlecht gemacht halten - gefährlich, wie Google das suggeriert, ist es jedenfalls nicht. Es ist nicht gefährlich für die Informationsfreiheit, es ist nicht gefährlich für die Kommunikationsgrundrechte, es ist nicht einmal gefährlich für den gewaltigen Geldbeutel von Google. Gefährlich ist nur die Art und Weise, mit der ein Weltkonzern seine gewaltige Marktmacht nutzt, um seine Nutzer zu täuschen und den Gesetzgeber zu drangsalieren. Das muss auch diejenigen ärgern, die sich ansonsten über dieses Leistungsschutzgesetz ärgern - zum Beispiel deswegen, weil ihnen ein guter Schutz des Urheberrechts wichtiger und notwendiger erscheint.

Das Leistungsschutzrecht, das die Leistung von Presseverlagen auch unterhalb des Urheberrechts ein wenig zu schützen versucht, belastet und betrifft nicht die Blogger im Internet. Es betrifft auch nicht die Vereine und Verbände, sie alle werden vom Leistungsschutzrecht überhaupt nicht beschwert. Das neue Gesetz betrifft einzig und allein die großen Suchmaschinen. Es wäre ungut, wenn es Google gelänge, Blogger und Internetnutzer hinter seiner Konzern-Fahne zu sammeln - nur weil man darauf heuchlerisch das Wort Netzfreiheit geschrieben hat. Wenn es um Netzfreiheit geht, darf Google gern bei sich selbst anfangen; Google predigt die große Transparenz, ist aber selber ein nicht sehr durchsichtiger Laden.

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