Gesetz zum Verbraucherschutz:Harte Zeiten für Abzocker und Abmahnanwälte

Nach monatelangen Verzögerungen einigt sich die Union mit der FDP auf ein Gesetz, das Verbraucher vor Massenabmahnungen bei Urheberrechtsverletzungen schützen soll. Auch unseriösen Geschäftemachern am Telefon und dubiosen Inkassofirmen soll das Handwerk gelegt werden.

Von Daniela Kuhr

Abofallen am Telefon, einschüchternde Inkassobriefe und völlig überteuerte Abmahnungen: alles Probleme, über die Verbraucher immer wieder klagen. Vor gut einem Jahr hatte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) angekündigt, dagegen vorgehen zu wollen. Doch das sogenannte Anti-Abzock-Gesetz hing in der Abstimmung zwischen den Ressorts und der Koalition fest. Immer wieder verzögerte es sich. Vor allem in der Unionsfraktion gab es Bedenken, weil man es nicht für ausgewogen hielt. Jetzt aber haben sich die Koalitionäre geeinigt - und damit den Weg frei gemacht für ein Gesetz, das von Verbraucherschützern seit langem dringend erwartet wird.

Ziel des Gesetzes ist, dass Verbraucher bei Geschäften im Internet und am Telefon nicht mehr so leicht über den Tisch gezogen werden können. Auch vor dubiosen Inkasso-Methoden und abmahnwütigen Anwälten sollen sie besser geschützt werden. Wie aus dem der Süddeutschen Zeitung vorliegenden Entwurf hervorgeht, will Leutheusser-Schnarrenberger drei Probleme bekämpfen.

Erstens: die unerwünschte Telefonwerbung. Zwar ist sie schon lange verboten, doch noch immer beschweren sich Verbraucher über solche Anrufe. Vor allem, wenn anschließend behauptet werde, es sei ein kostenpflichtiger Vertrag geschlossen worden. Häufig geht es dabei um eine Teilnahme an Gewinnspielen. Verträge über Gewinnspiel-Dienste sollen daher künftig nur noch wirksam sein, wenn sie schriftlich - per Fax oder per E-Mail - geschlossen wurden. Zudem darf die Bundesnetzagentur gegen die unerlaubt anrufenden Unternehmen statt bislang 50.000 künftig 300.000 Euro an Bußgeldern verhängen.

Höhere Bußgelder für Inkassounternehmen

Das zweite Problem, das mit dem Gesetz gelöst werden soll, sind die dubiosen Methoden einiger Inkassofirmen. Wie der Bundesverband der Verbraucherzentralen in einer Studie festgestellt hat, kommt es immer wieder vor, dass sie versuchen, Forderungen einzutreiben, die in Wahrheit gar nicht existieren. 99 Prozent der Beschwerden über unseriöse Inkassopraktiken seien berechtigt, hatten die Verbraucherschützer herausgefunden. In 84 Prozent der Fälle gab es von vornherein überhaupt keine Hauptforderung, die hätte eingetrieben werden dürfen.

Häufig stecken dahinter untergeschobene Verträge, die durch unerlaubte Telefonwerbung oder eben Gewinnspielwerbung angebahnt wurden. Um solchen Inkassofirmen das Geschäft zu erschweren, müssen sie künftig auf Anfrage detailliert angeben, wie die Forderung und die zusätzlichen Gebühren entstanden sind. Auch eine strengere Aufsicht über die Unternehmen sowie höhere Bußgelder sind geplant.

Als dritten Punkt geht das Gesetz gegen den sogenannten Abmahn-Wahn vor, der in den vergangenen Jahren für einige Anwälte zu einem lukrativen Geschäft geworden ist. Dabei mahnen sie beispielsweise massenhaft private Internetnutzer ab, die unerlaubt Musikstücke oder Videos ins Netz gestellt oder getauscht haben. Derartige Urheberrechtsverletzungen lassen sich mit moderner Software problemlos per Knopfdruck ermitteln. Dennoch verlangen die Anwälte für die Abmahnungen zum Teil sehr hohe Gebühren.

Maximal 155 Euro für die erste Abmahnung

Zunächst wollte Leutheusser-Schnarrenberger dagegen vorgehen, indem sie die Gebühren in solchen Fällen generell deckeln wollte. Doch Vertretern der Unionsfraktion ging das zu weit. Der Vorschlag verkenne, "dass das geistige Eigentum im Internet mit Füßen getreten wird", sagte Unionsfraktions-Vize Günter Krings.

Auf sein Drängen hin kam es nun zu einem Kompromiss: Demnach dürfen Anwälte privaten Internetnutzern, die zum ersten Mal eine Urheberrechtsverletzung begehen, für die Abmahnung maximal eine Gebühr plus Auslagenpauschale und Umsatzsteuer in Höhe von 155,30 Euro in Rechnung stellen. Wer allerdings in gewerblichem Ausmaß Urheberrechte verletzt, muss auch weiterhin die volle Gebühr zahlen. "Damit stellen wir sicher, dass einerseits Eltern und ihre Kinder vor überzogenen Abmahnkosten geschützt sind, dass aber andererseits das massenhafte Raubkopieren nicht in den Genuss dieses Privilegs kommt", sagt Krings.

Zudem hat die Union laut Krings durchgesetzt, dass in der Abmahnung detailliert aufgelistet sein muss, wie der konkrete Internetanschluss ermittelt worden sei. In der Vergangenheit hatten sich Verbraucher immer wieder darüber beschwert, dass sie eine Abmahnung erhalten hatten, obwohl sie zum fraglichen Zeitpunkt gar nicht im Internet gewesen seien. Angeblich wurde sogar einmal eine Rentnerin abgemahnt, die gar keinen Internetanschluss besitzt.

Blockade durch Bundesrat nicht möglich

Experten gehen schon seit längerem davon aus, dass häufig auch Unschuldige Post vom Anwalt bekommen. Sie halten den Prozess, mit dem der Internetanschluss des vermeintlichen Täters ermittelt wird, für extrem fehleranfällig. Künftig muss in der Abmahnung daher angegeben werden, woher man die Information hat, dass es eine Urheberrechtsverletzung gab und wie die sogenannte IP-Adresse, die jedem Nutzer beim Einwählen ins Internet zugewiesen wird, ermittelt wurde.

Läuft alles nach Plan, soll der Gesetzentwurf am 6. Februar ins Kabinett. Das wäre der letzte mögliche Termin, damit das Gesetz noch vor der Sommerpause das gesamte parlamentarische Verfahren durchlaufen und rechtzeitig beschlossen werden kann. Da das Gesetz nicht zustimmungspflichtig ist, kann es vom rot-grün dominierten Bundesrat faktisch nicht mehr aufgehalten werden.

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