Facebook und Co in der Kritik:Gierig nach Daten

Die Stiftung Warentest rügt den mangelnden Datenschutz bei sozialen Netzwerken, doch die Situation ist längst außer Kontrolle: Viele Netzwerke agieren in Grauzonen, die Nutzer sind machtlos.

Johannes Boie

Mehr als 15 Verstöße gegen geltendes Recht wollen von Stiftung Warentest beauftragte Juristen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des amerikanischen Internetnetzwerkes Facebook entdeckt haben.

So erklärt sich der Nutzer beim Anmeldungsprozess auf der Seite damit einverstanden, dass er dem Unternehmen eine "weltweite Lizenz für die Nutzung jeglicher IP-Inhalte", die er auf oder im Zusammenhang mit Facebook auf der Plattform veröffentlicht, gewährt. IP-Inhalte sind geistiges Eigentum, etwa Bilder oder Texte. Dies ist laut Stiftung Warentest ein Verstoß gegen mehrere Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie gegen die Vorschriften der Urheberrechtsgesetzes.

Facebook hat weltweit mehr als 400 Millionen Nutzer und gilt den deutschen Datenschützern als kritischstes Portal. Auch andere amerikanische Netzwerkseiten wie Linkedin und MySpace verstoßen nach Angaben von Stiftung Warentest gegen deutsches Recht.

Effizienz der Werbung

Die Gesetze hierzulande gelten auch für ausländische Netzwerkseiten in dem Moment, in dem sie in Deutschland geschäftlich tätig sind. "Maßgeblich sind dann das Jugendschutzgesetz, das Telekommunikationsgeheimnis sowie die allgemeinen Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes", sagt der Düsseldorfer Rechtsanwalt Udo Vetter.

Grundsätzlich gilt: Wo Daten verarbeitet werden, muss dafür gesorgt werden, dass diese nicht in fremde Hände gelangen können. Außerdem haben die Anbieter Sparsamkeitsvorschriften zu beachten - also so wenige Daten zu erheben, wie es für den Dienst möglich ist.

Weil soziale Netzwerke ihren Service aber für sämtliche Nutzer in der Regel kostenlos anbieten, sind sie darauf angewiesen, mit Nutzerdaten Geld zu verdienen. Je mehr Daten sie kennen und speichern, umso effizienter können sie Werbung auf ihren Webseiten schalten. Mit der Effizienz steigen die Werbepreise und also auch die Einnahmen der sozialen Netzwerke.

Andererseits ist es bei den Plattformen weniger so, dass Datenerhebung von den Nutzern erzwungen wird. Vielmehr geben die Kunden Persönliches auf einer freiwilligen Basis in der Netzöffentlichkeit bekannt.

Wer diese Möglichkeit von sich aus einschränkt, wie es zum Beispiel das deutsche Netzwerk StudiVZ tut, das in der Vergangenheit von mehreren geschäftsschädigenden Datenskandalen betroffen war, der läuft Gefahr, Werbekunden und Nutzer zu verlieren. "Deshalb können auch die schärfsten Gesetze die sorgfältige Eigenverantwortung nicht ersetzen", sagt Udo Vetter.

Daten lediglich unsichtbar gemacht

Aus diesen Konstellationen ergeben sich rechtliche Graubereiche, in die viele Funktionen der Netzwerke fallen. Darüber hinaus ist insbesondere bei ausländischen Online-Portalen kaum bekannt, was die Unternehmen hinter den Kulissen mit den Daten der Nutzer anstellen.

Über Facebook zum Beispiel sagte ein Mitarbeiter des Unternehmens jüngst in einem anonym gegebenen Interview auf der amerikanischen Internetseite therumpus.net, dass jene Daten, die von Nutzern gelöscht würden, von Facebook lediglich unsichtbar gemacht würden - aber keinesfalls dauerhaft gelöscht. "In diesem Fall wird klar gegen den Willen des Kunden gehandelt", sagt Vetter. Somit verstieße Facebook hier erneut gegen das Datenschutzgesetz.

Die Gesetzesverstöße erscheinen umso dramatischer, als selbst Menschen von ihnen betroffen sind, die sich nicht bewusst auf einer der Internetseiten registriert haben.

Alleine dadurch, dass nach ihnen von anderen, angemeldeten Nutzern gesucht wird, erfahren die Betreiber der Seite von der Existenz dieser Menschen und können sie aufgrund der Suchanfragen relativ genau identifizieren. Und sie wissen, welche anderen Menschen mit ihnen in Verbindung stehen oder ihren Kontakt suchen. Lesen Sie hierzu Berichte in der Süddeutschen Zeitung.

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