Digitale Kindheit:Dieser Mann macht den schlauesten Spieleteppich

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Warum David Völker den Spieleteppich digitalisieren will, der bislang noch immer genauso aussah wie in seiner Kindheit.

Von Varinia Bernau

Als David Völker klein war, da war McDonald's das, was heute Spiele-Apps sind: Etwas, das Kinder fasziniert und Eltern ekelt. Völker hatte Freunde, die ständig Burger essen durften. Und er hatte Freunde, denen das streng verboten war. "Irgendwie ahnte ich damals schon, dass beides nicht der richtige Weg ist." Seine Eltern fuhren mit ihm und seinem Bruder zweimal im Jahr zu McDonald's. Sie durften die fettigen Fritten probieren. Aber in Maßen - und unter Aufsicht.

Genauso möchte es David Völker, 35, nun auch mit seinen beiden Töchtern machen. Deshalb hat er Teppino entwickelt. Der Spieleteppich, den der gebürtige Kölner in dieser Woche auf der Spielwarenmesse in Nürnberg vorführt, verbindet die analoge mit der digitalen Spielewelt. Die Kinder können über den Teppich krabbeln, auf dem Feuerwehr, Arztpraxis und Eisdiele zu sehen sind - aber auch rote Punkte, die sich mit einem Tablet einscannen lassen. Dann erscheint dort ein Wimmelbild, das wie in einem animierten Kinderbuch beispielsweise erklärt, wie in einer Praxis ein Verband angelegt wird.

"Meine Kinder werden in einer Welt groß, die immer digitaler wird. Verhindern könnte ich das gar nicht. Aber ich kann meine Kinder darauf vorbereiten", sagt David Völker. (Foto: oh)

Etwa ein Jahr hat Völker gemeinsam mit sieben Leuten aus dem Ruhrgebiet an dem Spielzeug getüftelt. Er brauchte ja nicht nur Entwickler, die sich mit dem Programmieren von Apps auskannten, sondern auch Leute, die illustrieren oder Geräusche machen können. Bislang stecken im Teppino nur seine eigenen Ersparnisse, nun sieht sich Völker nach Investoren um. Immerhin konnte er kurz vor Weihnachten schon den ersten Vertrag mit einer österreichischen Möbelhauskette unterzeichnen, die den Teppich ins Sortiment nimmt.

Völker hat, wie er selbst sagt, lange "Excel-Sheets gewälzt". Er hat eine Banklehre gemacht, später Betriebswirtschaft studiert, war im Controlling bei Bertelsmann. Aber er sammelt eben auch Lego-Figuren. Und als er sich vor etwa einem Jahr auf die Suche nach einem Spieleteppich für seine Töchter gemacht hat, da hat er sich gewundert, dass die Dinger noch immer so aussehen wie in seiner Kindheit.

Das macht seine Sache nun etwas einfacher: Er muss Eltern nicht erklären, was ein Spieleteppich ist. Schwieriger ist es zu erklären, warum der nun also auch noch eine App braucht. "Meine Kinder werden in einer Welt groß, die immer digitaler wird. Verhindern könnte ich das als Einzelner gar nicht. Aber ich kann meine Kinder darauf vorbereiten." Er möchte weder, dass die Kinder digitale Junkies, noch digitale Analphabeten werden. Natürlich ist das eine Gratwanderung. Denn David Völker ist nicht nur Vater. Er ist auch Unternehmer.

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(Foto: Teppino)

So funktioniert der Teppino: Die Kinder können über den Teppich krabbeln, auf dem Feuerwehr, Arztpraxis und Eisdiele zu sehen sind - aber auch rote Punkte.

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(Foto: Teppino)

Die roten Punkte können sie mit einem Tablet einscannen. Dann erscheint dort ein Wimmelbild, das wie in einem animierten Kinderbuch beispielsweise erklärt.

Viele Spiele-Apps, auch die für Kinder, kosten nichts. Geld verdienen die Anbieter damit, dass sie Werbung einblenden oder den Spielern zusätzliche Dinge verkaufen, mit denen diese einfacher den nächsten Level erreichen. Beides zielt letztlich darauf ab, dass möglichst lange gespielt wird. Auch deshalb streitet das Team gerade erbittert darüber, wie sie mit dem Teppino Geld verdienen können. Um die Kosten für die App einzuspielen, müssten sie den Teppich etwas teurer verkaufen als einen gewöhnlichen - oder eben später bei zusätzlichen Spielereien Geld verlangen. "Die Waage neigt derzeit zu einem etwas höheren Preis bei der Anschaffung", sagt Völker, der bei seiner fünfjährigen Tochter selbst auch darauf achtet, dass sie nicht länger als 20 Minuten am Stück das Tablet der Eltern in der Hand hat.

In vielen anderen Fragen will Völker die Entscheidung den Eltern überlassen. Sie sollen in der App selbst auswählen, ob sie das Tatütata nervig finden und es ausschalten. Oder ob das Kind die App verlassen kann, dann womöglich auch bei Youtube auf nicht ganz kindgerechte Filme klicken, aber ebenso gut auch andere Kinder-Apps ansteuern könnte.

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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