CES in Las Vegas:Prima wirtschaften ohne Privatsphäre

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Das ist die CES 2014: Ein Suppenbecher, der aus einem Material gemacht ist, in dem sich Sensoren befinden, sendet Daten an ein Smartphone. (Foto: dpa)

Mehr Sensoren, mehr Daten, weniger Privatsphäre: Auf der CES propagiert die Technikindustrie die Vernetzung sämtlicher Lebensbereiche. Die NSA-Affäre ignorieren die Unternehmen dabei einfach.

Von Pascal Paukner, Las Vegas

Der Stand mit der Nummer 6625 liegt ein wenig abseits der großen Besucherströme, die das Messegelände von Las Vegas derzeit durchziehen. Bassdröhnung, Lichtorgel, Modelshow - das machen die anderen. Am Rande haben sich die Unternehmen niedergelassen, die es mit den eindrucksvollen Repräsentanzen der Megakonzerne nicht aufnehmen können. Sechs Mitarbeiter, eine Glasvitrine und drei Stehtische mit Aquarien sollen demonstrieren, wie gut wasserdichte Smartphone-Hüllen funktionieren.

Doch dann haben sie da noch diesen Pappaufsteller, der Stand 6625 von allen anderen unterscheidet. "Unüberwindlicher Schutz", steht darauf. "Kein Hacking, Tracking oder Scanning." Es ist Reklame für eine Tasche, die Smartphones und Tablets vor Überwachung schützen soll.

Dieses Statement ist auf der Consumer Electronics Show (CES) eine Überraschung. Denn im ersten Jahr nach den Snowden-Enthüllungen wirkt es so, als hätten sich Veranstalter und Aussteller besonders hartnäckig vorgenommen, den NSA-Skandal zu ignorieren. Bei den Firmen ist das Thema offiziell kein Thema. Sie sind gekommen, um Geschäfte zu machen. Und selbst der Branchenverband Consumer Electronics Association (CEA) äußert sich nur, wenn es sich gar nicht vermeiden lässt - wenn etwa Journalisten nachfragen.

Privatsphäre wird zur "Anomalie"

Als Shawn DuBravac, der Chefökonom der CEA, während einer Veranstaltung nach den Auswirkungen den Skandals gefragt wurde, antwortete er: "Ich glaube, dass einige Unternehmen sich damit in dieser Woche auseinandersetzen werden." Und ergänzte dann: "Ich frage mich allerdings eher ob Privatsphäre eine Anomalie ist, als dass ich mich das Gegenteil frage." Es habe sich gezeigt, dass es ein guter Tausch sein könne, einen Teil der Privatsphäre für bessere Angebote aufzugeben.

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Von Pascal Paukner, Las Vegas, und Helmut Martin-Jung

Angebote, die Privatsphäre einzutauschen machen die Technikfirmen in diesem Jahr viele. Internet der Dinge, Wearable Technology, Smart Home - das sind die Trends 2014. Überall gibt es mehr Sensoren, mehr Daten, weniger Privatsphäre. Die neuen Erfindungen werden als individuelle Heilsbringer angepriesen. Der gesellschaftlichen Debatte über die Folgen der Technologie aber verweigert sich die Industrie.

Kosten zwischen 22 und 35 Milliarden Dollar

Das zeigt sich nicht nur beim Gang über das Messegelände. Auch ein Blick in das Programm beweist: Von den mehr als 300 Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen, die begleitend zur Messe stattfinden, behandelt kein einziger die Folgen, die sich aus den Enthüllungen über den amerikanischen Geheimdienst ergeben. Dabei betrifft es das Geschäft der Unternehmen unmittelbar. Eine Untersuchung eines der führenden amerikanischen Internet-Think-Thanks kommt zu dem Schluss, dass der Vertrauensverlust die amerikanische Technikindustrie zwischen 22 und 35 Milliarden Dollar kosten wird.

Dass das Überwachungsthema am Mittwoch doch noch über die Agenda huscht, ist ausgerechnet der amerikanischen Handelsministerin Penny Pritzker zuzuschreiben. Während einer Veranstaltung kündigt sie an, dass sich der Präsident bald zu den Konsequenzen aus der Affäre äußern werde. Im Konsumtrubel von Las Vegas geht das beinahe unter.

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