Texanerin verklagt amerikanische Universität:Aussortiert, weil sie eine Weiße ist

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Vor dem Gesetz ist in den USA jeder Bürger gleich - auch wenn viele Schwarze, Asiaten und Latinos diesem Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung skeptisch gegenüberstehen. Nun liegt der Fall anders: Eine junge Frau aus Texas hat gegen eine Hochschule geklagt, weil sie sich wegen ihrer weißen Hautfarbe diskriminiert sah.

Reymer Klüver

Vor einem guten Jahrzehnt veröffentlichte der große amerikanische Schriftsteller Philip Roth ein Buch mit dem Titel "Der menschliche Makel". In ihm schildert Roth den lebenslangen Kampf eines extrem hellhäutigen afroamerikanischen Professors, seine Herkunft zu verbergen. Als Schwarzer hätte der Mann nie das privilegierte Leben führen können, das ihm vergönnt war. Das Buch war sehr erfolgreich.

Abigail Fisher, eine 22 Jahre junge Frau aus Sugar Land in Texas, findet, dass heute an Amerikas Universitäten längst nicht mehr die schwarze Hautfarbe ein Makel ist, sondern dass umgekehrt weiße Studenten wegen ihrer Herkunft diskriminiert werden. Jedenfalls fühlte sie sich extrem benachteiligt, als die University of Texas (UT) sie vor vier Jahren ablehnte - weil, wie Fisher glaubt, die UT schwarze Bewerber bevorzugte, um eine bestimmte Quote zu erfüllen.

Fisher wäre liebend gern an die UT gegangen, eine Institution in Texas und mit 50.000 Studenten die zweitgrößte Hochschule des Bundesstaates. Schließlich hatten schon ihr Vater und auch ihre ältere Schwester dort studiert. Sie selbst hatte ordentliche Noten, hatte in der Schule in der Fußballmannschaft gespielt und brillierte auf dem Cello - alles Dinge, die amerikanische Colleges schätzen. Doch sie wurde abgelehnt.

Und sie klagte. Jetzt ist das Verfahren vor dem Supreme Court in Washington gelandet. Und dabei geht es um nichts weniger als die Zukunft der sogenannten affirmative action. Gemeint ist damit die seit gut einem halben Jahrhundert in den USA übliche, staatlich anerkannte und durch mehrere Urteile des Verfassungsgerichts gedeckte Praxis, Angehörige von Minderheiten etwa bei der Bewerbung an Schulen und Universitäten zum Ausgleich bestehender Diskriminierungen zu bevorzugen. Das scheint oft notwendig zu sein: Im vergangenen Jahr etwa waren 26 Prozent der UT-Erstsemester hispanischer Herkunft, sechs Prozent waren Schwarze. Der Bevölkerungsanteil der Texaner lateinamerikanischer Herkunft aber liegt bei 38 Prozent, der der Schwarzen bei zwölf.

Bei der Anhörung des Falles bombardierten nun die konservativen Richter, die im US-Verfassungsgericht die Mehrheit haben, die UT mit Fragen zum Auswahlverfahren. Wann, so die Stoßrichtung, schlägt berechtigte Bevorzugung von Minderheiten in die ungerechtfertigte Benachteiligung anderer um? Fisher selbst sagt, dass Hautfarbe in Amerika heutzutage keine Rolle mehr spielen sollte: "Ich hoffe, dass jeder die Hochschule besuchen kann, die er will und dabei Rasse keine Rolle spielt."

Für Abigail Fisher persönlich ist, wenn man so will, der Fall erledigt. Sie hat inzwischen einen Abschluss an der Louisiana State University erworben. In Louisiana ist sie die Hochschule mit dem niedrigsten Anteil an schwarzen Studenten. Dennoch trauert die junge Frau noch immer ein bisschen der verpassten Chance in ihrer Heimat hinterher.

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© SZ vom 12.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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