Stipendien für muslimische Studierende:"Signal der Anerkennung"

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Das Bundesbildungsministerium finanziert erstmals Stipendien speziell für muslimische Studierende. Gefördert werden können aber auch Nicht-Muslime - unter bestimmten Voraussetzungen.

Von Claudia Henzler

Für evangelische, katholische und jüdische Studierende gibt es das schon längst, nun hat das Bundesbildungsministerium auch das muslimische Avicenna-Studienwerk in den Kreis der vom Bund finanzierten Begabtenförderwerke aufgenommen. Zum Wintersemester 2014/15 sollen die ersten 50 Studenten und Doktoranden Geld erhalten. Geplant ist, dass im Laufe des Jahres 2015 weitere 75 Stipendiaten hinzu kommen. Schrittweise soll die Zahl auf insgesamt 375 bis 400 wachsen.

Muslimische Studierende an deutschen Hochschulen können - ebenso wie die Stipendiaten der übrigen zwölf Begabtenförderungswerke - mit einem einkommensabhängigen Grundstipendium von bis zu 670 Euro im Monat plus Büchergeld gefördert werden. Promovierende erhalten pro Monat 1050 Euro.

Derzeit wird am Auswahlverfahren gearbeitet, gefördert werden sollen auch Nicht-Muslime, die sich wissenschaftlich mit islamischen Themen auseinandersetzen. Neben überdurchschnittlichen Leistungen wird gesellschaftliches Engagement verlangt.

Sieben Millionen Euro in den kommenden vier Jahre

Die monatlichen Zahlungen an die Studierenden kommt aus dem Bundeshaushalt, zugesagt sind dem Avicenna-Studienwerk etwa sieben Millionen Euro in den kommenden vier Jahren. Das Studienwerk übernimmt die Kosten für Auswahl, Verwaltung und die "ideelle Förderung" der Stipendiaten, beispielsweise durch Seminare, Vertrauensdozenten und Praktika. Die Stiftung Mercator finanziert das neue Studienwerk mit insgesamt einer Million Euro in fünf Jahren.

Das Avicenna-Studienwerk ist nach dem muslimischen Gelehrten Ibn Sina benannt, dessen latinisierter Name Avicenna lautete. Er lebte von 980 bis 1037 und schuf einen Kanon der Medizin, der in Europa bis ins 18. Jahrhundert als Lehrbuch verwendet wurde.

Träger des Studienwerks ist ein Verein, den Wissenschaftler und Studierende in Osnabrück gegründet haben. Vorsitzender ist Bülent Ucar, Direktor des Instituts für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück. Dem Kuratorium gehören unter anderem die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Aydan Özoguz und der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir an.

Pluralität als Chance

Bülent Ucar sprach am Dienstag in Berlin von einem historischen Tag für die vier Millionen Muslime in Deutschland. Die Aufnahme des Studienwerks in die Bundesförderung sei ein "Signal der Anerkennung". Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) sagte, die Regierung zeige damit, "dass gerade in der Pluralität unserer Gesellschaft eine große Chance liegt".

2012 hat der Bund über die Begabtenförderwerke 25.394 Studierende und 4242 Promovierende mit insgesamt 175,5 Millionen Euro gefördert. Die Förderwerke werden von unterschiedlichen Interessengruppen getragen, die die Pluralität der Gesellschaft abbilden und so möglichst unterschiedliche leistungsbereite Menschen darauf vorbereiten sollen, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Die Förderung durch diese Organisationen - eine deutsche Besonderheit - ist auch nach Ansicht der Geförderten ein Mehrwert, hat der Erfurter Professor Ernst Hany herausgefunden, der die studienbegleitenden Förderangebote 2009 im Auftrag des Ministeriums evaluierte.

© SZ vom 17.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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