Neues Internatskonzept für Odenwaldschule:"Wir brauchen eine Trennung von Lehrer und Erzieher"

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Abschied vom Familienbegriff: Nach den neuerlichen Skandalen will die Odenwaldschule ihr pädagogisches Konzept überarbeiten. Reichen den zuständigen Behörden die Änderungen nicht, könnte die Traditionseinrichtung vor dem Aus stehen.

Das Image der Odenwaldschule ist nach den neuerlichen Skandalen miserabel. Sogar eine Schließung der hessischen Traditionseinrichtung steht im Raum. Jetzt reagiert die Schule: Das Internatskonzept soll von Grund auf geändert werden.

Zur Zeit betreuen jeweils zwei Lehrer eine Gruppe, die als "Familie" bezeichnet wird. Dieses Verhältnis wird von Kritikern als zu nah empfunden. "Wir brauchen eine Trennung von Lehrer und Erzieher sowie ein Aufgeben des Familienbegriffs", sagte Internatsleiterin Juliana Volkmar. "Es kann nicht sein, dass dieselbe Person unterrichtet und auch die Gruppe betreut." Als Erzieher könnten etwa Sozialpädagogen arbeiten. Volkmar zufolge leben die "Familien" aktuell nahe beieinander, aber in getrennten abschließbaren Räumen. Dies könne zu Missverständnissen führen.

Die Schule kommt mit ihren Reformplänen ihren Aufsichtsbehörden entgegen, dem hessischen Sozialministerium und dem Landkreis Bergstraße. Diese hatten konzeptionelle Veränderungen gefordert. Das Ministerium will umfassend prüfen, wie tragfähig das Präventions-, Betreuungs- und Leitungskonzept ist. Vom Ergebnis hängt ab, ob die mehr als 100 Jahre alte Schule unter Auflagen weiterarbeiten darf - oder schließen muss.

Schule verbreitet Optimismus

Letzteres gilt allerdings als kompliziert, weil die Verfügung juristisch wasserdicht sein muss. "Die Schule geht davon aus, dass die Betriebserlaubnis bestätigt wird", sagte eine Sprecherin.

Während die Schule für die Überarbeitung ihres pädagogischen Konzeptes noch Zeit hat, verstreicht in einer anderen Sache die Frist bereits am Donnerstag: Die Schule muss den Behörden Auskunft über einen Kinderarzt geben, der dort praktiziert hat. Er soll Schüler in unangemessener und übertriebener Weise abgetastet haben. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob ein Ermittlungsverfahren eröffnet werden muss.

Das Ministerium hatte der Schule vorgeworfen, die Information dazu nicht rasch genug weitergegeben zu haben. Gleiches gilt für den Fall eines mittlerweile entlassenen Lehrers, der Kinderpornografie besessen hat. Die Odenwaldschule handele ungeachtet ihrer Geschichte mit Fällen von schwerstem Kindesmissbrauch weiter intransparent, erklärte das Sozialministerium.

Derzeit werden an der Odenwaldschule etwa 200 Schüler unterrichtet, etwa 140 leben im Internat.

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