Klassenkampf - der Schulratgeber:Liebe Lehrer, wir müssen reden

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Manchmal ist schon das Zustandekommen eines Eltern-Lehrer-Gesprächs nicht einfach. (Foto: Illustration: Jessy Asmus/SZ.de)

Nicht alle Eltern haben Zeit, reguläre Sprechstunden in der Schule zu besuchen. Muss sich der Lehrer anderweitig Zeit fürs Elterngespräch nehmen? Was, wenn er das verweigert?

Von Matthias Kohlmaier

Die Leserfrage

Meine Frage bezieht sich auf den Kontakt und Austausch zwischen Eltern und Lehrern. Leider habe ich an der bayerischen Realschule, die meine Kinder besuchen, viele enttäuschende Erfahrungen gemacht. Lehrer nehmen sich für Elterngespräche kaum Zeit, schon gar nicht außerhalb von Sprechstunden oder Elternabenden. Auch für Schüler sind die Lehrkräfte kaum erreichbar. Daher wüsste ich gerne:

Darf eine Lehrkraft bestimmen, wann und wo ein Elterngespräch stattfindet, oder ist sie vielmehr verpflichtet, auf Eltern und ihre zeitlichen Einschränkungen einzugehen? Darf sie Kollegen oder Schulleitung einfach dazubitten, ohne vorab zu fragen, ob das den Eltern recht ist? Was passiert, wenn eine Lehrkraft die Zusammenarbeit mit Eltern verweigert?

Die Antwort

Schulen sollen den Kindern und Jugendlichen nicht nur Wissen mit auf den weiteren Lebensweg geben, sondern im Zusammenwirken mit den Eltern auch soziale Kompetenzen vermitteln. Von einer "gemeinsamen Erziehungsaufgabe, die Schule und Erziehungsberechtigte zu erfüllen haben", spricht das Bayerische Gesetz über das Erziehungs und Unterrichtswesen (BayEUG). Dies erfordere "eine von gegenseitigem Vertrauen getragene Zusammenarbeit".

Damit eine solche Zusammenarbeit klappt, ist eines natürlich essenziell: Kommunikation, und zwar keine einseitige. Die zu ermöglichen, ist eine der Aufgaben der Schule und insbesondere der zuständigen Lehrkräfte. Dabei sollen Lehrer auch Rücksicht darauf nehmen, dass bei berufstätigen Eltern der Gang in die wöchentliche Sprechstunde oft nicht möglich ist und ein Elternabend selten häufiger als einmal pro Halbjahr stattfindet.

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"Die Schule sollte bei Terminfestlegungen mit Eltern darauf achten, dass auch berufstätigen Müttern und Vätern die Teilnahme möglich ist", schreibt das bayerische Kultusministerium auf Anfrage. Das bedeutet, dass Lehrer zwar nicht konkret verpflichtet sind, jederzeit für Elterngespräche zur Verfügung zu stehen - das wäre auch wirklich sehr viel verlangt. Im Sinne einer guten Zusammenarbeit mit dem Elternhaus kann man aber eine gewisse Flexibilität von ihnen erwarten. So lassen sich aus Planungsgründen schwierig zu vereinbarende Gespräche zwischen Lehrern und Eltern auch bis zu einem gewissen Grad digital führen, also zum Beispiel per Mail. Das kann beide Seiten entlasten.

Im Austausch zwischen Schülern und Lehrern hat sich hier in den vergangenen Jahren dank technischem Fortschritt viel getan. So gibt es Lehrer, meist jüngere, die mit ihren Schülern gemeinsame WhatsApp-Gruppen gründen, dort Hausaufgaben posten und auch am Wochenende kurze Fragen beantworten. Andere Lehrkräfte bieten an, Übungsaufgaben per Mail zukommen zu lassen. Rechtlich ist der digitale Kontakt zwischen Lehrer und Schüler zwar in den meisten Fällen nicht erlaubt - für viele junge Lehrkräfte ist er dennoch Usus.

Zurück zum Eltern-Lehrer-Zwist: Findet trotz Terminproblemen doch einmal ein persönliches Treffen statt, so ist es gerade bei komplizierten Fällen mit entsprechender Vorgeschichte durchaus üblich, einen Vertrauten dazuzubitten. Auf Seiten der Lehrkraft kann das ein Mitglied der Schulleitung, auf Elternseite ein Vertreter des Elternbeirats sein. Aber natürlich ist es ein Gebot des gegenseitigen Respekts, die Anwesenheit der dritten (oder vierten) Person vorher anzukündigen.

In Ihrem Fall scheint die Lehrkraft das nicht für nötig gehalten zu haben - Sie sollten bestimmt, aber nicht unfreundlich, kommunizieren, dass Sie das in eine unangenehme Situation gebracht hat und dass Sie sich ein Zwiegespräch erhofft hatten. Womöglich hatte die Lehrkraft gute Gründe, nicht allein zur Sprechstunde aufzutauchen - und kann diese aufklären.

Im Zweifel den Schulleiter einbeziehen

Verweigert ein Lehrer die Zusammenarbeit und/oder Kommunikation mit den Eltern, kommt er seiner Aufgabe nicht ordentlich nach. Zu möglichen Konsequenzen schreibt das Kultusministerium etwas schmallippig: "Die Eltern können sich, wenn sie vergeblich die Kommunikation zu der Lehrkraft gesucht haben, an die Schulleitung und/oder auch an den Elternbeirat wenden."

Ergreifen Sie diese Schritte, insbesondere den Gang zur Schulleitung. Denn das BayEUG verlangt nicht nur, dass Eltern und Lehrer bei der Erziehung Hand in Hand arbeiten. In Artikel 57 hält es auch fest, wer "für einen geordneten Schulbetrieb" und damit auch das Sicherstellen kollegialer Beziehungen zwischen Lehrern und Eltern verantwortlich ist: der Rektor.

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