Kinder aus Migranten-Familien:Ausländische Schüler werden fair benotet

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Studien legen immer wieder einen Verdacht nahe: Migranten-Kindern wird, ähnlich wie Schülern aus Arbeiterfamilien, weniger zugetraut, eine geringere Begabung oder weniger Lerneifer unterstellt. Doch das Gegenteil ist offenbar der Fall.

Roland Preuß

Migranten im deutschen Schulsystem, das ist ein Reizthema. Jugendliche mit ausländischen Wurzeln brechen häufiger die Schule ab, haben schlechtere Noten, und die Kinder schaffen es seltener auf das Gymnasium - das haben frühere Studien belegt.

Sie legten auch einen Verdacht nahe: Migranten-Kindern würde - ähnlich wie Schülern aus Arbeiterfamilien - weniger zugetraut, etwa eine geringere Begabung oder weniger Lerneifer unterstellt. Eine Untersuchung des renommierten Wissenschaftszentrums Berlin (WZB) kommt nun zu einem anderen Ergebnis: Migranten-Kinder erhalten zwar seltener eine Empfehlung fürs Gymnasium, dies lasse sich jedoch nicht mit einer Diskriminierung wegen ihrer Herkunft erklären, schreibt die WZB-Bildungsforscherin Cornelia Gresch.

Bei gleicher Leistung und sozialer Herkunft hielten sie Lehrer mindestens genauso oft für gymnasialtauglich wie Kinder aus einheimischen Familien. Anders herum formuliert: Wenn sie nicht für das Gymnasium empfohlen werden, liegt das an schlechteren Leistungen oder aber an ihrer Herkunft aus ärmeren Familien, etwa Arbeiter-Haushalten. Diesen Kindern trauen Pädagogen häufig weniger zu als dem Akademiker-Nachwuchs, doch trifft dies heimische Kinder genauso wie zugewanderte.

Gresch hat für ihre Dissertation Übergangsempfehlungen untersucht sowie Daten aus der Schulstudie Timss von 2007 herangezogen. Darin waren Viertklässler, Eltern und Lehrer befragt worden, zudem mussten die Kinder einheitliche Tests absolvieren. So ließ sich ihre Leistung unabhängig von der Beurteilung durch ihre Lehrer feststellen.

Gresch vermutet, dass manche Lehrkräfte im Fach Deutsch die schwierigere Ausgangslage der Schüler aus Zuwandererfamilien berücksichtigen - und daher eine Empfehlung weniger von Noten abhängig machen. Das rückt Lehrer in ein gutes Licht: sie benachteiligen Migranten-Kinder demnach nicht, sie gleichen deren Nachteile sogar etwas aus.

Insgesamt gesehen empfehlen die Pädagogen Zuwanderer-Kinder dennoch deutlich seltener für das Gymnasium als die übrigen Schüler. Je nachdem, wie lange die Familie schon im Land ist, sind es zwischen 19 und 32 Prozent; bei heimischen Schülern ist es fast jeder zweite.

© SZ vom 01.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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