Inklusion in Baden-Württemberg:Gymnasium muss Jungen mit Down-Syndrom nicht aufnehmen

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Baden-Württembergs Kultusminister Stoch hat sich im Fall des geistig behinderten Henri hinter die Entscheidung der Schule gestellt. Das Gymnasium in Walldorf darf den Jungen mit Down-Syndrom ablehnen. Eine Realschule will den Elfjährigen ebenfalls nicht unterrichten.

Der geistig behinderte Schüler Henri aus Baden-Württemberg darf nicht auf sein Wunsch-Gymnasium wechseln. Kultusminister Andreas Stoch (SPD) entschied, den Beschluss des Gymnasiums gegen die Aufnahme des Elfjährigen in die fünfte Klasse nicht aufzuheben. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa am Freitag aus Regierungskreisen in Stuttgart.

Die Eltern des Jungen mit Down-Syndrom hatten monatelang für seine Aufnahme an dem Gymnasium in Walldorf (Rhein-Neckar-Kreis) gekämpft. Der Fall hatte bundesweit Aufsehen erregt, weil die Umsetzung der sogenannten Inklusion Behinderter - unter anderem die Integration an Regelschulen - auch andernorts nicht problemfrei läuft. Deutschland hat sich aber zur Inklusion verpflichtet.

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Henris Eltern wollten, dass ihr Sohn nach den Sommerferien wie die meisten Mitschüler an das Gymnasium wechseln darf - auch wenn er dem Unterricht geistig nicht folgen kann. Die Schule hatte ihre Ablehnung damit begründet, dass es nicht die nötigen Rahmenbedingungen für gemeinsamen Unterricht mit geistig Behinderten gebe.

"Weitere Diskriminierung unseres Sohnes"

Zuletzt erteilte auch die Realschule im Ort der Familie eine Absage. Das machten Henris Eltern in einer Mitteilung publik. Darin heißt es: "Leider hat es jetzt auch die Gesamtlehrerkonferenz der Realschule Walldorf abgelehnt, sich an der Inklusion nach der Schulversuchs-Ordnung zu beteiligen." Kirsten Ehrhardt und Norbert Hirt bezeichnen die Entscheidung als "unfassbar" und zeigten sich "sehr traurig über diese weitere Diskriminierung unseres Sohnes".

Die Entscheidung des Landes im Fall Henri war mit Spannung erwartet worden, weil Grün-Rot im Koalitionsvertrag versprochen hat, Eltern von behinderten Kindern ein Wahlrecht einzuräumen. Stoch hatte unlängst aber auch gesagt, von dem Einzelschicksal hänge nicht ab, ob die Integration von behinderten Schülern an Regelschulen gelinge. Immerhin gebe es an den Gymnasien des Landes bereits 400 Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf.

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