Gymnasium:Löschwasser

Lesezeit: 1 min

G8 oder G9? In vielen Bundesländern wird seit Jahren erbittert über diese Frage gestritten. Eine Studie kommt nun zu dem Schluss: Für die Schüler macht es praktisch keinen Unterschied, ob sie acht oder neun Jahre am Gymnasium verbringen.

Von Paul Munzinger

Niedersachsen hat sich vor drei Jahren wieder vom achtjährigen Gymnasium verabschiedet, Bayern hat die Reform der Reform Anfang April verkündet und auch in den Wahlkämpfen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen spielte und spielt die G 8-Debatte eine entscheidende Rolle. Nun hat Olaf Köller, Direktor des Kieler Leibniz-Instituts für Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, eine Studie veröffentlicht, die sich wie ein Eimer Löschwasser über die erhitzten Debatten ergießen könnte: Für Schüler, so ihr Ergebnis, macht es keinen nennenswerten Unterschied, ob sie nach acht oder neun Jahren Gymnasium das Abitur machen. Im Auftrag der Stiftung Mercator hat Köller empirische Studien zur Einführung der G 8-Reform zusammengetragen und analysiert. Er kommt zu dem Schluss, dass die Reform keine negativen Folgen habe. So ließen sich zwischen G 8- und G 9-Abiturienten keine Unterschiede in der fachlichen Leistung feststellen. G 8-Schüler seien nicht schlechter auf ein Studium vorbereitet. Zwar hätten sie aufgrund des längeren Unterrichts etwas weniger Zeit für Aktivitäten außerhalb der Schule, in seltenen Fällen gebe es auch "ein etwas erhöhtes Belastungserleben". Dies führe aber nicht dazu, dass G 8-Schüler sich etwa weniger in Sportvereinen engagierten - Gegner der Reform hatten dies kritisiert. Im Gegenteil seien sie im Verein tendenziell aktiver.

Rückläufig seien dagegen die Teilnahmezahlen bei Auslandsaufenthalten. "Wir regen uns in Deutschland über Donald Trump auf, der die Ergebnisse der Klimaforschung leugnet, doch Politiker und Eltern, die wieder G 9 wollen, verhalten sich genauso postfaktisch", sagte Köller der Wochenzeitung Die Zeit. Er warnte vor einem "Einknicken der Politik vor dem Bürgertum". Nachzuweisen seien allerdings auch "keine großen positiven Effekte" der G 8-Reform. Die Stiftung Mercator spricht sich deshalb weder für G 8 noch für G 9 aus, sondern für den Erhalt des Status quo. "Das ist keine reine Befürwortung von G 8, aber die Befürwortung, nicht wieder umzubauen", ließ sich Winfried Kneip, Sprecher der Geschäftsführung der Stiftung, zitieren. "Ressourcen sollten nicht in Strukturdebatten gebunden werden, sondern genutzt werden, um wichtigen Herausforderungen im Bildungsbereich, wie zum Beispiel der Qualität im Ganztag, zu begegnen."

© SZ vom 08.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: