Wissenschaft:Nichts für Nerds

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Das Kabinett beschließt erste Details für die neue Universität Nürnberg - sie soll bundesweiten Modellcharakter haben. Es ist nicht der einzige Geldsegen: Niemand soll sich benachteiligt fühlen.

Von Claudia Henzler, Nürnberg

Jahrelang hatte die Staatsregierung darüber nachgedacht, die Technische Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) von Erlangen nach Nürnberg zu verlegen. Denn erstens leiden die naturwissenschaftlichen und technischen Fächer unter Platzmangel, zum anderen ist Nürnberg bisher nur ein Nebenstandort jener Universität, die offiziell die Ergänzung "Erlangen-Nürnberg" im Namen trägt. Die FAU war aber gar nicht erpicht auf den Umzug, dann haben die Franken Markus Söder und Joachim Herrmann die Verhandlungen über den neuen Standort ohnehin in den Sand gesetzt. Die Situation war verfahren, bis Horst Seehofer vor einem Jahr überraschend entschied, das Problem auf eine bewährte Weise zu lösen: Man gibt einfach sehr viel mehr Geld aus und stellt damit alle zufrieden. So soll Nürnberg eine eigene Universität bekommen und die Technische Fakultät der FAU am Standort Erlangen ausgebaut werden.

Am Dienstag hat das Kabinett dafür die ersten Beschlüsse gefasst: Drei Milliarden Euro soll der Freistaat investieren, verteilt auf einen Zeitraum von 30 Jahren. Davon sind 1,2 Milliarden für den Aufbau einer neuen "Technischen Universität Nürnberg" vorgesehen, 1,5 Milliarden für die FAU und - es soll sich wirklich niemand benachteiligt fühlen - 300 Millionen für die Technische Hochschule in Nürnberg.

Schon 2025 soll der Lehrbetrieb an der neuen Universität in Nürnberg beginnen. Sie solle "bundesweiten Modellcharakter haben", betonte Ministerpräsident Markus Söder. Man will sich dort mit Disziplinen wie Bioengineering und Themen wie autonomen Fahren und urbaner Infrastruktur befassen. Neben naturwissenschaftlichen und technischen Fächern sollen geisteswissenschaftliche Inhalte - etwa Ethik - fester Bestandteil des Stundenplans sein. "Wir wollen keine einseitigen Techniknerds", sondern Technikexperten mit social skills", sagte Wissenschaftsministerin Marion Kiechle.

Eine Strukturkommission unter Leitung von Wolfgang A. Herrmann, dem Präsidenten der TU München, hat Eckpunkte für ein Konzept erarbeitet, das bis Jahresende fertig sein soll. Die neue Universität werde international, digital und nah an der Wirtschaft sein, sagte Herrmann. "Das unternehmerische Denken und Handeln ist eine Maxime dieser neuen Universität." Die Einrichtung solle den besten Betreuungsschlüssel in Deutschland bieten, mit 200 bis 240 Professoren, 1800 bis 2000 Mitarbeitern und 5000 bis 6000 Studierenden. Das Jahresbudget schätzt Herrmann auf etwa 300 Millionen. Die neue Uni soll auf einem brachliegenden Bahngelände neben dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände entstehen. Der Freistaat kauft dafür 40 Hektar für 90 Millionen Euro an.

Bei der FAU wird nicht nur in die Technische Fakultät investiert. Die Universität mit mehr als 40 000 Studenten ist stark gewachsen und derzeit auf mehr als 300 Liegenschaften verteilt. Das Kabinett hat nun beschlossen, wie schon lange geplant, den denkmalgeschützten Verwaltungshauptsitz von Siemens zu kaufen. In dem Gebäude, das wegen seiner Farbe und Größe "Himbeerpalast" genannt wird, sollen alle geisteswissenschaftlichen Fächer unter einem Dach vereinigt werden. Und zwar, wie das Erlanger Kabinettsmitglied Joachim Herrmann verkündete, innerhalb der nächsten fünf Jahren. Siemens baut derzeit im Süden der Stadt einen neuen Unternehmensstandort.

© SZ vom 04.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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