Verwandtenaffäre:Parteienkritiker Arnim legt nach

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Hans Herbert von Arnim: Neue Vorwürfe gegen die Parteien in Bayern.  (Foto: Johannes Simon)

Die Übergangsregelung sei unbefristet gewesen, die Beschäftigung von Familienangehörigen deshalb völlig legal. Mit dieser Begründung hatten die zuletzt noch 17 CSU-Abgeordneten mit solchen Arbeitsverhältnissen erklärt: alles völlig legal. Doch jetzt behauptet Parteienkritiker Arnim, die Regelung sei schon 2003 ausgelaufen.

Von Frank Müller

Haben sich diejenigen bayerischen Abgeordneten, die Ehefrauen und Kinder beschäftigten, womöglich jahrelang auf eine Ausnahmeregelung berufen, die schon längst nicht mehr bestand? Diese Frage wirft der Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim in der Neuausgabe seines Buchs "Die Selbstbediener" auf.

Dabei geht es um umstrittene Gesetzespassagen aus dem Jahr 2000. Damals war es Abgeordneten mit Familienjobs erlaubt worden, diese fortzuführen; gleichzeitig verbot der Landtag entsprechende Neuverträge mit Angehörigen ersten Grades.

Bis jetzt war angenommen worden, dass der Landtag seinerzeit eine unbefristete Übergangsregelung verabschiedete. Mit dieser Begründung hatten sich die zuletzt noch 17 CSU-Abgeordneten mit solchen Arbeitsverhältnissen darauf berufen, alles sei völlig legal abgelaufen. Doch Arnim hat nun näher unter die Lupe genommen, wie es mit dem Abgeordnetengesetz seit dem Jahr 2000 weiterging.

Sein Fazit: Die entsprechende Passage finde sich in den späteren Versionen des Gesetzes überhaupt nicht mehr. So stehe in der neu verabschiedeten Version aus dem Jahr 2004 keine Übergangsregelung mehr. Auch die zuletzt gültige Fassung aus dem Jahr 2010, auf die der Landtag auf seiner Homepage verweist, enthält keine solche Vorschrift. Das würde bedeuten: Seit dem Jahr 2004 verbietet das Gesetz Familienjobs auf Staatskosten ohne Ausnahme.

Damit, so Arnim, hätte eine Ausnahmeregelung auch ihren vertretbaren Sinn gehabt: dass sie eben vom Jahr 2000 bis zum Ende der damaligen Legislaturperiode, also bis 2003, gegolten hätte. Doch Vertreter aller drei damaligen Landtagsfraktionen (CSU, SPD, Grüne) beschäftigten Angehörige noch danach. Erst von 2008 an blieben dabei die 17 CSU-Abgeordneten unter sich, unter ihnen fünf Regierungsmitglieder.

Ein Sprecher des Landtags sagte, der Punkt sei bekannt. Es handele sich aber nur um ein "Redaktionsversehen", die ursprüngliche Version sei nach Meinung der Landtagsjuristen dennoch in Kraft geblieben. Arnim regt an, dass der Oberste Rechnungshof dies in seine laufende Überprüfung der Abgeordnetenfinanzierung einbezieht. Aber auch unabhängig davon sei das Verhalten der betroffenen Abgeordneten nicht hinzunehmen, schreibt Arnim.

"Ihr Vertrauen war keines"

Er greift vor allem die mindestens 16 Parlamentarier an, die überhaupt erst im Jahr 2000 noch schnell Angehörige anstellten, um von der Übergangsregel zu profitieren. Diese hätten keinen Vertrauensschutz verdient. "Ihr Vertrauen war keines und schon gar nicht schutzwürdig." Arnim nennt dies einen heiklen Punkt, "der vor allem die Frage von Rückzahlungspflichten wahrscheinlich in Millionenhöhe aufwirft". Auch deswegen habe sich Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) geweigert, Details mitzuteilen, mutmaßt Arnim. Stamm will sich erst an diesem Dienstag nach Lektüre des Buchs äußern.

Arnim hatte mit der ersten Ausgabe seines Buchs im April die Abgeordnetenaffäre ins Rollen gebracht - obwohl er damals von einer nur "theoretischen" Möglichkeit sprach, dass Ehegatten oder Kinder noch beschäftigt sein könnten. Der folgende rasante Verlauf der Affäre mit mehreren Rücktritten hat Autor und Verlag nun zu einer schnellen erweiterten Neuausgabe bewegt. Arnim will sie an diesem Dienstag im Münchner Literaturhaus vorstellen. Schon der erste Satz des Vorworts zeigt Arnims Stolz: "So schnell hat noch selten ein Buch eine Gesetzesänderung bewirkt" - eine Anspielung darauf, dass das Abgeordnetengesetz wegen der Affäre inzwischen erneut geändert wurde: Inzwischen sind alle Arbeitsverhältnisse auch mit entfernteren Verwandten verboten.

© SZ vom 25.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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