Versteuerung von Luxusautos:Ganz große Gerichtsshow

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Normalerweise posiert Marcus von Anhalt eher mit dicken Autos oder tief dekolletierten Frauen. Zur Not tut's aber auch die Strafprozessordnung. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Marcus von Anhalt, bekannt als "Prinz Protz", sitzt abermals auf der Anklagebank - wie immer ganz unbescheiden

Von Stefan Mayr, Augsburg

"Prinz Protz" fährt mit dem Taxi vor. Das ist schon ein bisschen enttäuschend für die wartenden Fotografen, einen Ferrari oder mindestens einen Porsche hatten sie sich schon erhofft. Aber der selbsternannte Bordellkönig wirbt um Verständnis: "Ich muss heut' auf Understatement machen, vielleicht komme ich da besser weg." Marcus Eberhardt alias Marcus von Anhalt muss am Dienstag einmal mehr auf der Anklagebank des Landgerichts Augsburg Platz nehmen. Es geht um Steuerhinterziehung in Höhe von etwa 800 000 Euro und um vier Jahre Haft. Für den gelernten Metzger, der sich seinen adeligen Namen gekauft hat, ist es vor allem ein Show-Auftritt mit bester Laune. Und alle sind sie da, die Boulevard-Medien, die Tageszeitungen, und auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk gleich mit mehreren Teams fürs Radio und fürs Fernsehen.

Vom biederen Taxi einmal abgesehen, gerät Anhalts Auftritt formvollendet: schwarze Sonnenbrille, schwarze Lederjacke mit Kroko-Kragen und glitzernden Manschettenknöpfen. Bevor er das Strafjustizzentrum betritt, zieht er sich noch schnell ein bisschen Nikotin rein. Daumen hoch und Perlweiß-Lächeln an. Dann schnippt er die halb gerauchte Kippe in hohem Bogen auf die Straße. Im Gerichtssaal geht die Prinz-Protz-Präsentation genüsslich weiter. Er posiert mit der Strafprozessordnung. Dann zählt er in die Fernsehkameras auf, um welche Autos es geht: drei verschiedene Porsche-Geschosse, ein Ferrari Spider, ein McLaren SLR, ein Maybach 75 und ein Rolls Royce Ghost. Das letzte Modell nennt der Angeklagte aus Pforzheim breit schwäbelnd: "Gouscht".

Sie alle soll er privat genutzt, aber als Betriebskosten abgesetzt haben. Deshalb hatte ihn das Landgericht Augsburg Anfang 2015 zu vier Jahren Haft wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Er legte Revision ein und bekam beim Bundesgerichtshof teilweise recht: Der BGH hob das Urteil auf und verwies den Fall zur Neuverhandlung zurück nach Augsburg. Dabei stellte der BGH klar, dass es in der zweiten Auflage nur um die Strafhöhe gehen soll. Dass sich Anhalt strafbar gemacht hat, steht auch für den BGH außer Zweifel. Dennoch gehört zur Show des Prinzlings, dass er sich im Recht fühlt. "Ich bin der einzige Unternehmer in Deutschland, der seinen Geschäftswagen nicht von der Steuer absetzen kann", tönt Anhalt in die Mikrofone. "Wenn ich vor ein fremdes Bordell fahre, kann ich schlecht mit dem Fahrrad daherkommen."

Seine Verteidiger stellen einen Befangenheitsantrag gegen die drei Berufsrichter. Dieser Antrag darf aber getrost in die Kategorie chancenloser Show-Antrag abgeheftet werden. Er bezieht sich auf eine Stellungnahme der Kammer, die bei der Haftprüfung vor Prozessbeginn betont hatte, eine "substanzielle Reduzierung" der Haftstrafe sei "nicht zu erwarten". Schließlich habe auch der BGH betont, dass all die Autos "ganz überwiegend" privat genutzt worden seien. Über den Befangenheitsantrag muss nun eine andere Kammer entscheiden. Der Prozess geht am 25. Mai weiter, das Urteil fällt voraussichtlich im Juli.

Der Möchtegern-Prinz verabschiedete sich von der Medienmeute mit der Ankündigung, er werde jetzt nach München fahren. In den neuen Louis Vuitton Laden. "Schuhe kaufen, zehn Stück." Noch ein paar Selfies mit jungen Groupies, dann ab ins Taxi. Um später in seinen Rolls Royce umzusteigen. Spätestens in der Landeshauptstadt ist es mit dem Understatement dann vorbei.

© SZ vom 18.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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