Unterfranken:Schweinfurts OB beantragt Disziplinarverfahren - gegen sich selbst

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Oberbürgermeister Sebastian Remelé will alles "unabhängig und umfassend" aufklären lassen. (Foto: dpa)
  • Der Personalamtsleiter der Stadt Schweinfurt hat einen neuen Stadtwerke-Chef gesucht - und dafür eine Rechnung gestellt.
  • Doch die Nebentätigkeit im eigenen Job schlägt in der Stadt hohe Wellen.
  • Schweinfurts Oberbürgermeister will die Sache nun endgültig klären lassen.

Von Katja Auer, Schweinfurt

Es geht um den Stadtwerke-Chef, den der Personalamtsleiter aussuchte, womit ihn der Oberbürgermeister beauftragte. Und wofür er ihn bezahlen ließ. Was er aber gar nicht hätte müssen, weil es ohnehin zum Job des Personalamtsleiters gehört hätte, den neuen Stadtwerke-Chef auszuwählen. Was aber offenbar weder der Personalamtsleiter selbst noch sein Dienstherr wussten. Was verwirrend klingt und nach einer Posse, bewegt die Stadt Schweinfurt schon eine ganze Weile, erregt sie sogar. Nun hat Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) den Antrag gestellt, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, um die Sache aufzuklären. Gegen sich selbst. Aber von Anfang an.

Im Jahr 2011 hatte sich die Stadt vom bisherigen Geschäftsführer der Stadtwerke getrennt und die Führungsposition bei der städtischen Tochter neu ausgeschrieben. Das Interesse war groß, 154 Bewerbungen gingen in der unterfränkischen Industriestadt ein. Oberbürgermeister Remelé, damals gerade ein Jahr im Amt, beauftragte seinen Personalamtsleiter damit, das Ausschreibungsverfahren durchzuführen.

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Er sollte etwa die Kandidaten auswählen, die zur Vorstellungsrunde erscheinen sollten. Diese Arbeit wurde als Nebentätigkeit abgerechnet, so vereinbarten es der Spitzenbeamte und der Oberbürgermeister. Das sei die schnellste, zuverlässigste und wirtschaftlichste Lösung im Vergleich dazu, die Aufgabe an eine außenstehende Firma zu vergeben, begründete Remelé.

"Bemerkenswerte Inkompetenz"

Ein neuer Stadtwerke-Leiter wurde auch gefunden, der heute allerdings nicht mehr im Amt ist, was jedoch nichts mit dieser Geschichte zu tun hat. Der Personalamtsleiter stellte, wie vereinbart, eine Rechnung an die Stadtwerke: 151 Bewerbungen zu je 50 Euro rechnete er ab, insgesamt 7550 Euro. Die Summe wurde ihm in zwei Teilbeträgen ausbezahlt, einer Ende 2011, der zweite Anfang des nächsten Jahres. Über diesen Vorgang informierte ein leitender Angestellter der Stadtwerke den neuen Chef per E-Mail. So weit, so klar.

Diese E-Mail allerdings schickte nun kürzlich ein anonymer Absender an einen Schweinfurter Journalisten und zwei Stadträte. Der eine, der Linken-Fraktionsvorsitzende Frank Firsching, berichtete davon in einer nicht-öffentlichen Stadtratssitzung im März und forderte einen Untersuchungsausschuss. Ihm kam die Geschichte merkwürdig vor. Der Ausschuss legte am Dienstagabend sein Ergebnis vor. "Wir haben das geprüft", sagte Firsching und alles habe sich so zugetragen wie zuvor beschrieben. Das hätte es aber nicht dürfen. Denn, so steht es in den Unterlagen, welche die Kommission studierte, es wäre ohnehin die Aufgabe des Personalamtsleiters gewesen, nach einem neuen Stadtwerke-Chef zu suchen. Nichts also, wofür er extra hätte bezahlt werden müssen.

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Bösen Willen will Firsching weder dem Beamten noch Remelé unterstellen, er spricht von einer "bemerkenswerten Inkompetenz". Schließlich habe der Personalamtschef als der Mann, der wissen müsse, was die anderen zu tun hätten, nicht einmal seine eigenen Aufgaben gekannt. Und sein Dienstherr, der Oberbürgermeister, auch nicht. Der sei nun politisch angeschlagen, sagt Firsching, zumal es nicht das erste Mal sei, dass es Debatten über die Personalpolitik des Oberbürgermeisters gebe. Er habe die Hoffnung, dass der Vorfall ein Neuanfang in der Personalpolitik der Stadt sein könnte. Der Personalamtsleiter, gegen den der OB ebenfalls ein Disziplinarverfahren beantragt hat, habe darum gebeten, vorläufig von seinen Aufgaben entbunden zu werden, teilte die Stadt mit.

"Um den Fall unabhängig und umfassend aufzuklären, ist die Überprüfung und gegebenenfalls Einleitung eines Disziplinarverfahrens aus meiner Sicht ein richtiger und wichtiger Schritt. Sollten damals Fehler gemacht worden sein, werden diese auch eingestanden", ließ der OB mitteilen. Nun überprüft die Landesanwaltschaft die Angelegenheit. Dass ein Beamter oder Wahlbeamter diesen Antrag stelle, sei zwar vom Gesetz vorgesehen, aber eher die Ausnahme, sagte ein Sprecher.

© SZ vom 28.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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