Terrorabwehr:Checkpoint Murnau

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Bei strömenden Regen führten Polizisten und Soldaten vor, wie sie nach einem Attentat gemeinsam Fahrzeuge kontrollieren. (Foto: Philipp Guelland/Getty)

Polizei und Bundeswehr zeigen, wie sie im Fall von schweren Anschlägen zusammenarbeiten könnten

Von Matthias Köpf, Murnau

Das Szenario ist ein Albtraum der Sicherheitsbehörden, und doch soll es so realistisch sein, dass sich daran der Ernstfall üben lässt: Irgendwo in Bayern hat es einen Anschlag auf ein Reisezentrum in einem Bahnhof gegeben, anderswo eine Geiselnahme, jeweils mit mehreren Toten und Verletzen. Weil auch in anderen Bundesländern der Terror tobt, ist von dort keine Hilfe für die bayerische Polizei zu erwarten, und als es auch noch konkrete Hinweise auf einen Sprengstoffanschlag auf das Klinikum in C-Stadt gibt, zieht die Staatsregierung die Bundeswehr hinzu. Was die Soldaten in so einem Fall tun könnten, ließen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sowie Staatskanzleichef Marcel Huber sich selbst und den Medien am Donnerstag in Murnau vorführen.

In dem Szenario hat die Bundeswehr bisher nur technische Amtshilfe geleistet, wie sie das längst bei Naturkatastrophen tut, indem ihre Soldaten zum Beispiel bei Hochwasser Sandsäcke füllen. Doch in der innenpolitisch lange umkämpften gemeinsamen Übung ist die Truppe nun womöglich auch mitten in Deutschland an der Waffe gefordert, denn sie soll unter Federführung der Polizei mehrere Sicherungsringe mit Checkpoints um das bedrohte Krankenhaus in C-Stadt ziehen. All das hat sich in den vergangenen drei Tagen ausschließlich an den Schreibtischen der Führungsstäbe abgespielt, in Polizeipräsidien und Kommandozentralen in Bayern, Baden-Württemberg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und dem Saarland, wo Alarmierungsfolgen und Befehlsketten einstudiert wurden. Nur in Murnau, dem C-Stadt aus der Trockenübung, haben Polizisten und Soldaten bei strömendem Regen am Hof der Werdenfelser Kaserne einen gemeinsamen Checkpoint samt Bombenfund in einem Auto simuliert. Die Bundeswehr sichert den Checkpoint mit Panzerfahrzeugen und schickt am Ende Sprengstoffexperten, zudem stehen gepanzerte Sanitätsfahrzeuge und eine Drohne bereit, die das Umfeld der Klinik überwachen könnte. Dem vielen Flecktarnuniformen hat die Polizei ihr feldgrünes SEK, einen Helikopter sowie Sprengstoffhund Frankie zur Seite gestellt.

Zusammen sollten sie die Bilder liefern, mit denen von der Leyen und die Staatsregierung ihr verfassungsrechtlich umstrittenes Projekt von Bundeswehreinsätzen im Inneren illustrieren wollen. Die SPD hat sich einer Verfassungsänderung verweigert, doch Transport, Aufklärung, Sicherung und Sanitätsdienste halten sich laut von der Leyen im Rahmen dessen, was das Verfassungsgericht bei Terror katastrophischen Ausmaßes für zulässig erachtet hat. Bundeswehr und Polizei seien verpflichtet, das, was sie tun könnten, auch zu üben. In der Bevölkerung gebe es kein Verständnis, wenn bei einer katastrophischen Terrorlage die Polizei an ihre Grenzen gelange und die Bundeswehr in den Kasernen bliebe, sagte die Ministerin. Die Führung liege dabei stets bei der Polizei, betonten sie und Herrmann. SPD-Landtagsfraktionsvorsitzender Markus Rinderspacher kritisierte die Übung. Die Bundeswehr könne nicht "die Personalreserve von Bundes- und Länderpolizeien sein".

© SZ vom 10.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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