SPD:Führungschaos beunruhigt

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Als Unterhändlerin in Berlin hat die bayerische SPD-Chefin Natascha Kohnen erlebt, wie schnell sich Dinge ändern können. Mit dem Tempo am Freitag konnte aber auch sie nicht rechnen. Am Vormittag kritisierte sie Sigmar Gabriel, der Außenminister bleiben wollte, für seine Vorwürfe an Martin Schulz, der Außenminister werden wollte ("ich halte es für falsch, so eine Debatte über Zeitungen zu führen") - drei Stunden später musste Kohnen dann den überraschenden Rückzug von Schulz kommentieren. "Der Verzicht von Martin Schulz auf ein Ministeramt ist der richtige Schritt", sagte die stellvertretende Bundesvorsitzende.

Ihrer Linie blieb Kohnen damit treu. Zuvor hatte sie erklärt, dass Schulz' Ambitionen auf ein Ministeramt eine Belastung für die Regierungsbildung darstellen könne. "Es ist eine Unruhe unter den Mitgliedern zu spüren", sagte sie. Schulz hatte nach der Bundestagswahl ein Regierungsamt unter Kanzlerin Angela Merkel zunächst kategorisch ausgeschlossen. Sein Umdenken hat auch an der bayerischen Basis Proteste ausgelöst. Die SPD-Mitglieder müssen den Koalitionsvertrag in einem Entscheid noch gutheißen.

Kohnen wirbt in der Bayern-SPD für eine große Koalition. Als Spitzenkandidatin sieht sie in dem Vertrag ein positives Signal für die Landtagswahl im Oktober. Die SPD habe für die Menschen einige Verbesserungen erreicht, etwa bei den Themen Wohnen, Miete und Familien. In dem 177 Seiten starken Vertrag sei die SPD-Handschrift "spürbar und lesbar". Auch bei der Vergabe der Ministerien habe die SPD viel erreicht. Bestätigt fühlt sich Kohnen durch Rückmeldungen von der Basis: "Die Mitglieder haben nicht erwartet, dass wir so viel durchsetzen."

Trotz des Widerstands von führenden bayerischen SPD-Köpfen, unter ihnen Generalsekretär Uli Grötsch und Landes-Vize Johanna Uekermann, hofft Kohnen, dass die große Koalition in ihrem Landesverband Zustimmung findet. Auch Grötsch sei "beeindruckt, was wir in den Verhandlungen rausgeholt haben". Derzeit stellt die Bayern-SPD zwei Mitglieder der Bundesregierung - die Staatssekretäre Anette Kramme und Florian Pronold. Über die Zahl künftiger bayerischer SPD-Kabinettsmitglieder wollte Kohnen aus Respekt vor dem Mitgliederentscheid nichts sagen. Die Bayern-SPD zählt 62 122 Mitglieder, 3390 sind kurzfristig eingetreten.

© SZ vom 10.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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