Semesterbeginn:Wo es sich in Bayern am schönsten studiert

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Franziska Bernreiter, TU-Studentin, beim Lernen auf den Stufen am Königsplatz. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Theaterspielen in Nürnberg, Weinprobe in Würzburg oder Entspannen auf dem angeblich schönsten Campus Deutschlands: Zu Beginn des Sommersemesters erzählen bayerische Studenten von den Vorzügen ihrer Stadt.

Protokolle: Christoph Hollender, Nadia Pantel und Martina Scherf

Trotz Prüfungsstress, vollen Hörsälen und Gerangel um Praktika haben die jungen Leute an den neun Universitäten in Bayern immer noch Zeit zum Chillen an der Donau, zum Theaterspielen in Nürnberg oder zur Weinprobe in Würzburg. Man sollte vor lauter Lernen nicht das Leben verpassen, sagen sie und erzählen zu Beginn des Sommersemesters von den Vorzügen ihrer Stadt.

Franziska Bernreiter, 21, studiert Berufschullehramt an der TU: München ist eine wunderbare Stadt, wo hat man sonst so viele kulturelle Angebote? In vielen Theatern und Museen gibt es Studententickets, die man sich leisten kann. Ich komme aus Zwiesel im Bayerischen Wald, und die ersten beiden Semester war ich sehr viel unterwegs, im Tierpark, in den Parks, in der Neuen Pinakothek und im Theater. Wir haben gegrillt an der Isar, im Olympiapark oder uns im Englischen Garten getroffen. Und es finden jede Menge Uni-Feste statt. Beim Tunix-Festival der TU im Juni gibt es den ganzen Tag Kabarett und Konzerte, von Hard Rock bis Jazz, und man kann günstig essen und trinken. Das liegt noch so rechtzeitig vor der Prüfungszeit, dass man die Tage entspannt genießen kann. Auch die Studenten der LMU veranstalten Feste. Das ist das Schöne an München: Obwohl die Unis so groß sind, lernt man Leute kennen, man muss nur rausgehen. Mein Lieblingsplatz zum Lernen sind die Stufen am Königsplatz. Die werden in der Sonne richtig warm, da sitzen wir oft mit unseren Büchern.

Wegen meiner Fächerkombination Ernährung, Hauswirtschaft und Chemie bin ich an allen Standorten der TU unterwegs, also nicht nur auf dem Stammgelände in der Stadt, sondern auch in Garching und Weihenstephan. Deshalb bin ich froh, dass es jetzt ein Semesterticket für den Nahverkehr gibt, da spart man eine Menge Geld. Die Verbindung nach Weihenstephan ist allerdings schlecht, da brauche ich eine Stunde hin und eine zurück. Die Weihenstephaner sind auch eher für sich, während die Garchinger oft in die Stadt kommen und einen dann zu ihren Studentenfesten einladen. Anfangs habe ich außerhalb gewohnt und drei Semester lang nach der idealen Wohnung gesucht. Jetzt wohne ich in einer WG am Mittleren Ring, das ist fast optimal. Wenn ich erst einmal Lehrerin bin und eine Familie habe, würde ich nicht mehr mitten in der Großstadt wohnen wollen - zu wenig Platz, zu teuer. Aber ich könnte mir schon vorstellen, im Umland von München zu bleiben.

Kai Padberg, 25, macht seinen Bachelor in Theater- und Medienwissenschaft: Wissenschaftlich gesehen ist die Friedrich-Alexander-Universität sicher eine sehr gute Uni, dass sie über die zwei Städte Erlangen und Nürnberg verteilt ist, hat Vor- und Nachteile. Einige Kommilitonen müssen für die Vorlesungen pendeln oder - weil so viele alte Gebäude in Erlangen saniert werden - zur Zeit sogar aufs platte Land fahren. Da ist es schade, dass es immer noch kein günstiges Semesterticket gibt. Für das Nachtleben fährt man auf jeden Fall nach Nürnberg. Dort holt man sich das Großstadt-Flair, das es in Erlangen nicht gibt. Nürnberg hat viel zu bieten, Theater, Oper, Museen, man würde wirklich etwas von seinem Studentenleben verpassen, wenn man nur in seinem Zimmer säße. Ich komme gerade von der Probe für eine Performance, die wir mit unserer studentischen Theatergruppe in Erlangen und in Nürnberg aufführen werden. Die besten Nürnberger Clubs sind der Club Stereo, der Nano oder der Hirsch. Umgekehrt kommen die Nürnberger nur einmal im Jahr nach Erlangen, zur Bergkirchweih, das ist so eine Art Oktoberfest auf Fränkisch.

Kevin Ansorg, 24, studiert Volkswirtschaft und ist Studentenvertreter: Ich kenne keine andere Stadt, in der sich alle mitten im Zentrum direkt aufs Pflaster setzen, um ihren Kaffee zu trinken. Aber auf dem Augsburger Rathausplatz ist das so, da trifft man im Sommer alle. Die Stadt ist klein genug, dass es familiär ist, und groß genug, damit man sich nicht langweilt. Schade, dass trotzdem so viele Kommilitonen am Wochenende heimfahren. Die Ausgehnacht ist deshalb nicht Samstag sondern Donnerstag. In der Mahagoni-Bar oder im Yum-Club auf der Maximilianstraße ist es am lustigsten. Augsburg ist eine Campus-Uni. Das ist wie ein idyllischer Mikrokosmos mit Wiesen, zwei Seen und Bachlauf. Im Sommer ist es dann manchmal schwierig, sich in die Vorlesungen zu zwingen. Ich hoffe, dass ich auch nach dem Studium in Augsburg bleiben kann. Obwohl ich schon seit vier Jahren hier lebe, entdecke ich immer wieder Neues. Im vergangenen Sommer zum Beispiel den Rosengarten neben der Regierung von Schwaben. Mitten im Garten steht dort ein Bücherregal, aus dem man sich einfach bedienen kann.

Simon Bartsch, 22, studiert seit 2010 Politikwissenschaft in Regensburg: Regensburg hat echt gehalten, was es versprochen hat: eine hohe Lebensqualität und viele schöne Kneipen. Ein wenig schade ist nur, dass die Kneipenkultur unter der konformen Politik der Stadt leidet. Trotzdem studiere ich sehr gerne hier. Domstadt, Donau, Welterbe, was will man mehr? Ehrlich gesagt habe ich mich für das Studium nur wegen der Stadt entschieden. Die Universität ist eher hässlich, zu viel Beton. Der Campus hat aber trotzdem eine nette Atmosphäre, die Bibliotheken sind auch in Ordnung. Die Mensa ist akzeptabel, die Cafeten sind gemütlich. Meine Lieblingsbiersorte ist Eichhofner. Das trinke ich meistens im Hinterhaus, einer Kneipe in der Altstadt. Hier trifft man immer jemanden, den man kennt, und es gibt einen Studentenstammtisch. Der schönste Biergarten ist der Spitalgarten, direkt neben der Steinernen Brücke. Und gleich daneben ist die Jahninsel. Im Sommer sind dort alle jungen Leute und grillen und chillen. Nervig ist höchstens der Nebel im Herbst. Wer eine gemütliche Studentenstadt sucht, wo immer was los ist, sollte nach Regensburg.

Claudia Schmidt, 21, studiert im vierten Semester Grundschullehramt: Nach dem Abitur war ich in London und hatte mich dann an mehreren bayerischen Unis beworben. Als die Zusage von Eichstätt kam, war ich zuerst gar nicht glücklich. Ich komme aus Ingolstadt, das ist sehr nah, da denkt man ja: Das kleine Eichstätt schläft. Aber das stimmt überhaupt nicht! Jetzt will ich nicht mehr weg, sondern genieße die familiäre Atmosphäre. Unsere Fachschaft hatte für die Erstsemester ein dreitägiges Kennenlernen in einem Landheim organisiert, das war prima, da fühlte man sich beim Studienbeginn gar nicht mehr allein. Die Professoren kennen einen, man kann auch ohne Anmeldung in ihr Büro kommen. Und gerade im Sommer ist Eichstätt wunderschön: die Altmühl, die barocke Altstadt, der Campus im Grünen. Auch die Bibliothek ist besonders schön. Seit kurzem engagiere ich mich in der Juso-Hochschulgruppe, weil ich das Gefühl hatte, mich mehr für Politik interessieren zu sollen. Dadurch habe ich sehr nette Leute kennengelernt, gerade waren wir zusammen bei einem Kongress in Berlin.

Felix Gies, 23, studiert im fünften Semester Kulturwirtschaft: Wenn man im Sommersemester aus dem Hörsaalfenster schaut, kann man den Leuten beim Grillen auf den Innwiesen zuschauen. Es gibt viele Leute, die behaupten, Passau habe den schönsten Campus Deutschlands. Ich glaube, das stimmt. Die Gebäude stehen alle direkt am Inn. Weil auch die Altstadt sehr schön ist, kommen auch viele Touristen hierher, aber die reisen meist mit Ausflugsschiffen auf der Donau an. Da kommen wir uns nicht in die Quere. Wer mittags keine Lust auf Mensa hat, kann ins "Iss was" gehen. Da gibt's sehr gute Pizza sehr billig. Auch ungewöhnliche Kreationen, Pizza mit Feigen und Walnüssen oder Wirsing zum Beispiel. Großartig ist auch der Mostbauer, da gibt's den besten Apfelsaft. Zwanzig Minuten Fahrradtour, und schon ist man da und steht unter Apfelbäumen. Abends weggehen sollte man in Passau lieber auf WG-Partys. Es gibt zwar drei, vier Clubs, aber die Musik ist dort eher furchtbar. Weil in Passau nicht so viel los ist, organisieren die Studenten selber sehr viel. Konzerte, Partys, Kulturveranstaltungen. Bis zum vergangenen Sommer hatten die Studenten mit dem Rest von Passau eher wenig zu tun, aber die Hochwasserkatastrophe hat das verändert. Da haben viele Studenten Schlamm geschippt und geholfen, die Häuser auszuräumen. Das hat das Verhältnis zwischen grantelnden Niederbayern und feierwütigen Studenten sehr verbessert.

Sophie Heinz, 25, studiert seit zwei Jahren Medienkultur und -wirtschaft: Ich bin eigentlich nur wegen meines Studiengangs nach Bayreuth gekommen. Ich mache einen interdisziplinären Master, in dem ich Kurse in Kulturwissenschaft, Jura, IT, Management und Geschichte belegen kann. Das ist in Deutschland einzigartig. Über Bayreuth wusste ich vorher wenig, aber ich habe mich schon nach ein paar Wochen sehr wohlgefühlt. Es ist alles so heimelig hier. Wenn in den Semesterferien die Studenten weg sind, ist es zwar etwas zu ruhig, dafür haben wir im Sommersemester auf dem Campus einen eigenen Strand mit Liegestühlen, DJs, Bar und Beachvolleyball. Das haben vor zwei Jahren einige Studenten selber organisiert. Seit ich Mitglied im Gospelchor bin, habe ich auch außerhalb der Uni viele Leute kennengelernt. Das ist sonst nicht so einfach. Viele Leute haben Schwierigkeiten, mit den Oberfranken warm zu werden, aber mir gefällt schon allein der Dialekt. Der erinnert mich an daheim, an Schwaben. Was an Bayreuth auch spannend ist, sind die Festspiele. Bei einer Aufführung war ich noch nicht, da bekommt man als Normalmensch ja keine Karten, aber letztes Jahr war ich zum Promi-Schauen am Grünen Hügel und habe sogar ein Foto von Angela Merkel gemacht! Es nervt zwar, dass ein Kaffee während der Festspiele auf einmal einen Euro mehr kostet, aber dafür vermieten viele Studenten einfach ihre Zimmer zu horrenden Preisen und fahren in Urlaub.

Esther Schießer, 25, studiert seit 2009 in Würzburg Germanistik und Kunstgeschichte: In Würzburg gibt es sehr viele engagierte Menschen. Ich selbst bin an mehreren Kulturprojekten beteiligt und in einer Theatergruppe für Flüchtlinge aktiv. Da kann man wirklich Ideen ausleben. Als eine der letzten Magisterstudierenden lässt mir mein Studium auch noch Zeit und Freiheit für solches Engagement, das ist schön. Ein Superort ist die Kellerperle in der Innenstadt. Das war ursprünglich nur eine kleine studentische Initiative, inzwischen ist hier fast jeden Abend was los, Lesungen, Theater, Konzerte, Kino. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass die Kulturszene hier gerade wieder aufblüht. Vor ein paar Jahren war so ein Loch entstanden, nachdem ein Programmkino zugemacht hatte und das legendäre autonome Kulturzentrum. Jetzt entstehen überall neue Projekte. Auch ein Programmkino gibt es wieder. Und im Sommer sind in der Stadt gleich mehrere große Festivals, da ist jede Menge geboten: das Umsonst&Draußen-Festival, das Fairtrade, das Afrika- und das Straßenmusik-Festival, überall hört man Musik.

Mein Lieblingsplatz in der Stadt ist die alte Mainbrücke. Ich wohne in der Innenstadt und radle zum Studieren auf den Berg zum Hubland-Campus. Da blickt man dann von oben auf die Stadt, die manchmal noch im Nebel liegt, auf die gegenüberliegende Burg und die Weinberge - wunderschön! Und abends dann der Sonnenuntergang über der Stadt. Da ich Kunstgeschichte studiere, genieße ich auch die tolle Architektur, die Residenz, die Burg, den Dom. Wir hatten auch schon Seminare in der Residenz. Zum Radeln ist Würzburg nicht ideal, weil es so hügelig ist, aber die Wege sind ja nicht weit, das schafft man schon. Außerdem gibt es zum Glück ein Semesterticket, das ist günstiger als in anderen Städten und reicht auch ins Umland. Gerade in den ersten Semesterwochen gibt es eine ganze Menge Partys, und nicht zu vergessen: die Weinprobe für Erstsemester in der Residenz! Die Tickets sind immer ganz schnell weg. Das ist sehr lustig und gehört einfach zu Würzburg dazu.

© SZ vom 07.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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