Rosenheim:Kampf um Flächen

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Grüne attackieren OB Bauer hart wegen Plänen zur Stadtentwicklung

Von Heiner Effern, Rosenheim

Wenn in Rosenheim politisch hart gerungen wird, geht es meist um den Verkehr, der die Stadt im Würgegriff hat. Oder um fehlende Wohnungen, die Hochschule oder größere Gewerbegebiete. Kommt alles zusammen, steigen die Emotionen wie Inn und Mangfall nach drei Wochen Dauerregen. "OB Bauer und ihre Art Politik zu machen, sind eine Katastrophe für die Stadt. Sie verspielt die Zukunft Rosenheims für Generationen komplett", sagt etwa der Grünen-Stadtrat Peter Rutz. Sein Fraktionschef Franz Lukas wirft der Oberbürgermeisterin und ihren "kommunalen Fußtruppen der CSU" vor, Deals mit Investoren und Parteigünstlingen zum Nachteil der Bürger auszuhandeln.

Auslöser für die massiven Attacken ist ein Grundsatzbeschluss zur Entwicklung des Rosenheimer Nordens, den der Stadtrat an diesem Mittwoch fällen soll. Zwei Supermärkte drängen dort auf die grüne Wiese. Neue, breitere Straßen wären im jetzt schon von heftigen Staus geplagten Stadtteil Westendorf St. Peter nötig. Die nahe gelegene Hochschule wächst derweil konstant und wird wohl zumindest langfristig weitere Flächen benötigen. Dafür müsste eventuell ein ohnehin heruntergekommenes Wohnviertel daneben abgerissen werden. Das macht in der unter chronischer Wohnungsnot leidenden Stadt Neubauten nötig, die wiederum den Norden noch deutlich verdichten könnten. Einer der wenigen Grünzüge der Stadt könnte in diesem Gesamtkonzept zu einem dünnen Streifen schmelzen. "Es geht um eine groß angelegte Veränderung der Stadt", sagt Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer (CSU), die Rosenheim offensichtlich spaltet. "Augenblicklich sind alle gegen alle."

Dabei betont Bauer, dass die Stadträte am Mittwoch noch keinerlei fixe Beschlüsse fassen sollen. "Es geht darum, die Situation dort zu untersuchen. Ich werde nichts entscheiden, so lange nicht klar ist, dass die Auswirkungen auf den Verkehr und den Flächenverbrauch verträglich sind." Doch die Stadt müsse sich entwickeln, auch wenn mancher keinerlei Veränderung und Zuzug wünsche. Die Anwohner in Westerndorf St. Peter müssten viele Jahre nach der Gebietsreform anerkennen, dass sie Teil der Stadt Rosenheim seien und ihr Viertel durch Neubauten näher an die Innenstadt heranwachse.

Begonnen hat die Kontroverse mit dem Vorhaben, auf einer Wiese ein Nahversorgungszentrum mit großen Filialisten als Mieter zu bauen. Eine Bürgerinitiative stemmt sich seit Jahren dagegen. Doch nun gehen die Pläne weit darüber hinaus. Die Grünen fürchten einen Flächenverbrauch mit fatalen Folgen. "Der Dammbruch im Umgang mit Ressourcen wird auch in anderen Teilen der Stadt Begehrlichkeiten wecken." In Rosenheim herrscht ein enormer Wettkampf um Flächen, weil das Stadtgebiet im Verhältnis zu den etwa 60 000 Einwohnern extrem klein ist. Die Vorlage der Verwaltung für die Sitzung sei "kein Vorschlag, sondern ein Vorschlaghammer", sagt deshalb auch SPD-Stadtrat Andreas Lakowski. "Der Norden wird dicht gemacht." Die politische Debatte sei für solch ein weit gehendes Konzept viel zu klein gehalten worden. "Ein entscheidendes Verkehrsgutachten haben wir Stadträte zum Beispiel bis heute nicht gesehen", sagt Lakowski. Auch die Grünen werfen der Stadtführung mangelnde Transparenz vor. "Was wir gerade jetzt erfahren haben, wissen die Investoren schon seit Monaten", ärgert sich Fraktionschef Lukas.

Oberbürgermeisterin Bauer zeigt sich "entsetzt" über die Vorwürfe gegen sie persönlich. "Wer behauptet, dass ich mit Investoren mauschle, ist schlecht informiert." Auch sachlich findet sie die Kritik an den Plänen für den Rosenheimer Norden daneben. "Ich kann mit dieser Politik der Verweigerung nichts anfangen." Insbesondere die Grünen müssten irgendwann einsehen, "dass die Welt nicht nur aus Radwegen besteht".

© SZ vom 29.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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