Regierungserklärung von Horst Seehofer:Bemüht um weiß-blauen Optimismus

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Die Ankündigung war spektakulär: Bis 2030 will Ministerpräsident Seehofer alle Staatsschulden zurückzahlen. Doch wie? Diese Antwort bleibt er schuldig. Die Opposition spart nicht mit Häme - für besondere Heiterkeit sorgt indes Freie-Wähler-Chef Aiwanger.

Frank Müller

Angekündigt war sehr viel Hochglanz, in der Praxis lief die Debatte um Horst Seehofers Regierungserklärung dann eher in Schwarz-Weiß: Mehrere Stunden lang diskutierte der Landtag am Mittwochnachmittag den "Aufbruch Bayern", den der Ministerpräsident für die nächsten Jahrzehnte verkündet hat.

"Unbegrenzte Chancen, Generationengerechtigkeit, Zusammenhalt": Horst Seehofer präsentiert sich als Mann mit Visionen. (Foto: dapd)

Schwerpunkt dabei: Seehofers spektakuläre Ankündigung, bis zum Jahr 2030 alle Staatsschulden zurückzuzahlen. In seiner mehr als halbstündigen Rede blieb Seehofer weitere Details zum Abbau der je nach Rechnung 22,5 bis 32,5 Milliarden Euro schuldig und zog sich auf die Hoffnung zurück, durch eine Reform des Länderfinanzausgleichs würden Mittel für die Tilgung frei.

Oppositionsführer Markus Rinderspacher (SPD) attackierte dies scharf: "Mit diesen Luftbuchungen ist Seehofers Heißluftballon einer Radikalentschuldung Bayerns bereits nach kurzer Zeit in niedriger Höhe geplatzt."

Die Staatskanzlei hatte schon seit Tagen die Werbemaschine angeworfen für Seehofers Grundsatzrede: Es gab Anzeigen in den Zeitungen, PR-Damen, die in Bayerns Städten Werbekärtchen verteilten, das Bayerische Fernsehen übertrug live. Auch Seehofers Manuskript zierte demonstrativ das Hochglanzfoto einer weißen Wolke am blauen Himmel, die sich zum Aufwärtspfeil emporschwingt.

Folgerichtig bemühte sich Seehofer - gekleidet in einen Janker - um viel weiß-blauen Optimismus, einiges davon schien schon in den letzten Tagen in Seehofers Wortmeldungen auf. Er habe eine drei Punkte umfassende Vision für den Freistaat, sagte der Ministerpräsident: Bayern solle "das Land der unbegrenzten Chancen für alle" sein, "das Land der Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit" und "das Land des Zusammenhalts und des aktiven Bürgersinns".

Als Schlüsselsatz wiederholte Seehofer seine Ankündigung von der CSU-Klausur in Wildbad Kreuth: "Mein Ziel ist und bleibt ein schuldenfreies Bayern im Jahr 2030." Bayern zahle mittlerweile mehr als die Hälfte des deutschlandweiten Finanzausgleichs, kritisierte Seehofer. In einem internen CSU-Papier heißt es sogar, Bundesländer, die durch ihren "Schlendrian" die Schuldenbremse verletzen, sollten vom Finanzausgleich ganz ausgeschlossen werden.

Seehofer griff seinen SPD-Gegenkandidaten Christian Ude ungewöhnlich scharf an: Es sei "besonders putzig", dass Ude sich als Städtetagspräsident für die kommunalfreundliche Politik der Staatsregierung bedankt habe und nun als Kandidat das Gegenteil sage. "Eine solche Gedankenakrobatik ist fast schon pathologisch", rief Seehofer.

SPD-Fraktionschef Rinderspacher bescheinigte Seehofer eine "in weiten Teilen selbstgefällige Schönwetterrede". Rinderspacher: "Mit Ihrer heutigen Rede hat die CSU die Bescheidenheit der Leberkäs-Etage verlassen und ist in der Prosecco-Lounge der Selbstbeweihräucherung und Eitelkeiten endgültig angekommen."

Rinderspacher hielt Seehofer vor, die gut zwölf Prozent der Bayern an der Armutsgrenze ebenso zu vergessen wie Leiharbeiter und Alleinerziehende. Die CSU habe dem Länderfinanzausgleich selbst in Berlin im Jahr 2001 zugestimmt, kritisierte Rinderspacher, auch "der Bundestagsabgeordnete Horst Seehofer".

Den Regierungschef griff auch die frisch gekürte Grünen-Spitzenkandidatin Margarete Bause scharf an. Bayern habe einen "Dauerkapriolen schlagenden Ministerpräsidenten", der sich nun als "brutalstmöglicher Entschulder" gefalle. "Immer einen lockeren Spruch auf den Lippen und dann machen Sie das Gegenteil vom Gegenteil des Gegenteils."

FDP-Fraktionschef Thomas Hacker warf dagegen der Opposition vor, sie sei vorwiegend uneinig in den zentralen Fragen und unterfütterte dies feuilletonistisch: "Für uns zählt das Erreichte, für Sie reicht das Erzählte."

Mit Spannung wurde erwartet, wie sich Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger 2013 positioniert. Aiwanger gilt als möglicher Königsmacher nach der Wahl 2013 - entweder mit der CSU oder als Teil einer Dreier-Koalition mit SPD und Grünen.

Nach heftigen Angriffen von CSU-Fraktionschef Georg Schmid sprach Aiwanger Klartext: "Herr Schmid, mit solchen Redebeiträgen wie heute erleichtern Sie uns die Entscheidung für 2013" - hin zu Rot-Grün, meinte Aiwanger damit.

Für Heiterkeit, auch bei Seehofer, sorgte Aiwanger, als er den Regierungschef als Gruppenpsychologen bezeichnete, der die CSU vor allem wegen seiner Körpergröße nach vorne bringe. "Sie sind der Größte, Sie haben den Weitblick", sagte Aiwanger sarkastisch. Seehofer gefalle sich darin, einer verirrten CSU-Karawane die Oase zu zeigen. Mitunter springe dann der (kleinere) Ex-CSU-Chef Erwin Huber auf und rufe, er wolle die Oase auch sehen. "Dann sagt Seehofer: Komm lieber Erwin, ich nehm' Dich auf den Arm."

© SZ vom 26.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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