Regensburg:Alarm an Mittelschule

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Ein 17-Jähriger kommt in die Aula in Burgweinting und bedroht mehrere Lehrer mit einer Pistole. Kurz danach wird er verletzt gefunden. Das Motiv ist unbekannt

Von Andreas Glas und Katja Auer, Regensburg/Nürnberg

Kurz nach zehn fährt auch der letzte Streifenwagen davon, hinter den Fensterscheiben sitzen die Schüler wieder ganz ruhig in ihren Klassenzimmern. Etwas nervös wirken nur die Eltern, die im Radio gehört haben, was passiert ist. Die sofort hergefahren sind und nun vor dem Schulhaus auf und ab laufen und hektisch auf ihren Smartphones rumwischen. Das Telefon im Sekretariat der Schule sei belegt, sagt eine Mutter, aber sie gehe davon aus, dass drinnen alles in Ordnung sei. Es ist bemerkenswert ruhig in und um die Otto-Schwerdt-Mittelschule im Regensburger Stadtbezirk Burgweinting. Dort, wo zwei Stunden zuvor noch Ausnahmezustand herrschte.

Es ist Mittwochfrüh, etwa acht Uhr, als ein 17-Jähriger die Schulaula betritt und mehrere Lehrer mit einer Pistole bedroht. Warum er das tut und was in der Aula genau geschieht, bleibt zunächst unklar. Fest steht, dass die Polizei einen Notruf aus der Schule bekommt. In der Aula halte sich ein Jugendlicher mit Waffe auf, heißt es, die Regensburger Polizei rückt sofort mit einem Großaufgebot aus. Als die Polizisten ankommen, hat der 17-Jährige das Schulgelände bereits wieder verlassen, ist zu Fuß geflüchtet, ohne zuvor jemanden verletzt zu haben. Die Beamten sperren die Straßen rund um die Mittelschule ab, sichern einen benachbarten Kindergarten und eine Grundschule. Auch die Schüler der Otto-Schwerdt-Mittelschule müssen in ihren Klassenzimmern bleiben. "Wir sind von einer konkreten Bedrohungssituation ausgegangen", sagt der Regensburger Polizeisprecher Albert Brück.

Die Otto-Schwerdt-Mittelschule in Burgweinting. Ein junger Mann, kein Schüler der Schule, drang dort mit einer Schreckschusspistole ein. (Foto: Andreas Glas)

Mit Spürhunden suchen die Beamten im Umfeld der Schule nach dem 17-Jährigen. Dann hören die Polizisten "ein Knallgeräusch", wie Sprecher Brück sagt. Um kurz vor neun finden sie den Jugendlichen auf einem Kinderspielplatz gegenüber der Schule. Er ist verletzt und hat eine Schreckschusspistole bei sich. "Wir gehen davon aus, dass er sich die Verletzungen damit selbst beigebracht hat", sagt der Polizeisprecher. Ein Rettungswagen bringt den 17-Jährigen zunächst in ein Krankenhaus.

"Aufgrund der psychischen Ausnahmesituation, in der sich der junge Mann befand", wurde er sich inzwischen in eine geschlossene Fachklinik eingeliefert. Zum Motiv des Jugendlichen machte die Polizei bis zum späten Nachmittag allerdings keine Aussagen. "Die Ermittlungen, insbesondere zu den Hintergründen der Tat, dauern an", heißt es in einer Mitteilung.

Bestätigt ist inzwischen, dass es sich bei dem 17-Jährigen nicht um einen Schüler der Otto-Schwerdt-Mittelschule handelt. Der Jugendliche steht nach ersten Erkenntnissen der Polizei auch nicht in einer Verbindung zur Schule. Unmittelbar nachdem der 17-Jährige gefasst werden konnte, hatten Kripobeamte in der Schule damit begonnen, die Zeugen zu befragen. Auch Mitarbeiter der Krisenintervention waren schnell vor Ort, um bei Bedarf die Schüler und Mitarbeiter der Schule psychologisch zu betreuen. Die Mehrzahl der Schüler reagierte offenbar gelassen auf den Vorfall, der Unterricht ging regulär weiter.

Um viertel nach zehn fährt auch die Limousine des Regensburger Oberbürgermeisters vor. Etwa 20 Minuten verbringt Joachim Wolbergs (SPD) im Schulhaus, dann kommt er wieder heraus und tritt vor die Mikrofone der Reporter. Er sagt, dass Schüler und Lehrer nun dabei seien, "das jetzt zu verarbeiten und die machen das richtig gut". Drinnen sei die Atmosphäre "total ruhig", sagt Wolbergs. Auch die Regensburger Polizei lobte "das ruhige und sachliche Verhalten der Schulleitung und der Lehrkräfte", das dazu beigetragen habe, "dass der Einsatz so schnell und erfolgreich bewältigt werden konnte".

Innerhalb von zwei Tagen ist es damit zu zwei Großeinsätzen an bayerischen Schulen gekommen. Erst am Dienstag hatte ein 26-Jähriger den Lehrer einer Berufsschule in Nürnberg bedroht. Oder das wenigstens angekündigt. Der junge Mann hatte am Morgen zu seiner Mutter gesagt, er wolle dem Lehrer etwas antun, die Mutter verständigte daraufhin die Polizei. Die rückte mit einem Großaufgebot an und auch in Nürnberg riegelten die Beamten das Schulhaus zwischenzeitlich ab und durchsuchten alle Räume. Mehr als 2000 Schüler und Lehrer mussten drei Stunden lang in den Klassenzimmern ausharren. Passiert ist niemandem etwas. Den 26-jährigen Tatverdächtigen fanden die Polizisten am Nachmittag in seiner Nürnberger Wohnung und nahmen ihn vorläufig fest. An die Berufsschule war er trotz seiner Ankündigung nicht gekommen. Er wurde noch am Abend in eine Klinik eingewiesen und soll früher schon psychisch auffällig gewesen sein, sagte ein Nürnberger Polizeisprecher am Mittwoch. Wie ernst er seine Ankündigung einer Gewalttat tatsächlich gemeint hatte, sei noch offen.

© SZ vom 27.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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