Prozess um teuersten Teppich der Welt:Gericht entlastet Augsburger Auktionator

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Auf 900 Euro schätzt ein Augsburger Auktionator einen Perserteppich. Doch ein Paar Monate später wird dieser in London für 7,2 Millionen Euro versteigert - und aus dem unscheinbaren Erbstück wird der teuerste Teppich der Welt. Die ursprüngliche Besitzerin verklagte prompt den Auktionator. Jetzt hat das Gericht geurteilt.

Stefan Mayr, Augsburg

Georg Rehm ist ein geselliger Zeitgenosse. "Seit 33 Jahren glücklich verheiratet", wie er sagt, und in seiner Freizeit Präsident der Augsburger Faschingsgesellschaft Hollaria. Doch zuletzt war dem 54-Jährigen wenig zu Feiern zumute. Der Inhaber eines Auktionshauses hatte eine Schadenersatzklage über 350.000 Euro am Hals - und jede Menge negative Publicity.

Prachtstück: Dieser Teppich wurde für 7,2 Millionen Euro versteigert. (Foto: dpa)

Die kuriose Geschichte ging um die Welt: Rehm hatte einen Teppich auf 900 Euro geschätzt - und ihn dann für 19.700 Euro versteigert. Ein Jahr später wurde das Stück allerdings in London bei Christie's für 7,2 Millionen Euro weiterverkauft - und gilt seitdem als teuerster Teppich der Welt. Sehr zum Entsetzen der ehemaligen Besitzerin, die Rehm sogleich verklagte. Das Landgericht Augsburg wies diese Klage am Freitag allerdings ab.

Ich bin erleichtert und froh", sagte Georg Rehm nach dem Urteil. Der Perserteppich, der ganze 3,38 Meter lang und 1,53 Meter breit ist und jahrelang zusammengerollt herumlag, war für Rehm und seine sieben Mitarbeiter durchaus existenzbedrohend. Das letzte Vergleichsangebot in Höhe von 85.000 Euro schlug er auch deshalb aus, weil er es nicht hätte zahlen können.

Der Richter betonte, der Auktionator habe durchaus Fehler gemacht: So sei der Teppich im Versteigerungskatalog "nur mit knapp zwei Zeilen" beschrieben gewesen. Dies stellte sich spätestens dann als "nicht angemessen" heraus, als Christie's den Teppich auf "mehreren Seiten" anpries.

Es sei aber nicht nachzuweisen, dass dieser Fehler den Schaden verursacht habe. Zudem habe Rehm weder fahrlässig noch vorsätzlich gehandelt. "Man darf an einen regionalen Universalversteiger keine überhöhten Anforderungen stellen", so der Richter. Die Besitzerin, eine Erbin aus dem Landkreis Starnberg, hätte ja auch zu einem Teppich-Spezialisten gehen können.

Ihr Anwalt Hannes Hartung kann diese Urteilsbegründung nicht nachvollziehen. "Wenn einer keine Ahnung hat, dann muss er das doch sagen", so Hartung. Er erklärte noch am Freitag, dass eine Berufung sehr wahrscheinlich sei. Der Bundesverband der Auktionatoren nimmt Georg Rehm in Schutz: "Im Auktionswesen gibt es keine Garantien", sagt Präsident Heinrich Arens.

Ihm zufolge wurde der Prozess von hunderten Kollegen in ganz Europa mit Spannung verfolgt. "Bei einer Verurteilung wäre es für alle Auktionshäuser schwer geworden", betont Georg Rehm. Aber jetzt könne er "endlich wieder nach vorne blicken". Am kommenden Wochenende hat seine Hollaria Prunksitzung. Es darf davon ausgegangen werden, dass Rehm feiern wird wie lange nicht.

© SZ vom 28.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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