Politikum:Großmäulig und gschert

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Die einen bewundern ja, dass Aiwanger lange Reden ohne Manuskript hält und zwar recht druckreif. Die anderen wundern sich, wie viel Schmarrn er dabei erzählt. Wie jetzt auf dem Gillamoos

Von Katja Auer

Auf die Bierbänke ist in diesem Jahr keiner gestiegen beim Gillamoos in Abensberg, zumindest nicht beim politischen Frühschoppen, aber Kanzleramtschef Peter Altmaier von der CDU ist halt nicht Karl-Theodor zu Guttenberg. Bei Grünen-Chefin Simone Peter war das Zelt halb leer und SPD-Mann Olaf Scholz ist ohnehin nicht als Haudrauf bekannt. Allein Hubert Aiwanger, der Vielfach-Vorsitzende der Freien Wähler, hat sich benommen, wie man das von einem niederbayerischen Politiker in einem niederbayerischen Bierzelt erwartet: grob, großmäulig, gschert.

Die einen bewundern ja, dass Aiwanger lange Reden ohne Manuskript hält und zwar recht druckreif. Die anderen wundern sich, wie viel Schmarrn er dabei erzählt. Aiwanger ist ein Meister der schiefen Metapher, immer wieder verirrt er sich in blumigen Formulierungen. Klingt halt eindrucksvoller, wenn er erzählt, dass der kleine Metzger schließen müsse, weil er eine EU-Verordnung nicht einhält, die großen aber Rindfleisch und Känguru verwechseln könnten, ohne dass es zu genau genommen werde. Ob das dann genauso stimmt, ist in dem Moment nicht so wichtig.

Aiwanger sieht seine Freien Wähler als Schutzmacht der sogenannten kleinen Leute und hat oft allzu einfache Antworten auf die großen Fragen der Zeit. Ein Populist, der gerne gegen "die da oben" wettert, die Berufspolitiker, zu denen er längst selber gehört. Seinen Duktus hat er sich dabei bewahrt, er hört sich immer noch so an, als komme er geradewegs aus dem heimischen Saustall. Was manchen gefällt, weil es authentisch klingt, aber dabei oft auch genauso schlicht wie viele seiner Antworten.

Am Montag hat er es übertrieben, bei aller Derbheit, die eine Bierzeltrede vertragen kann. Angela Merkel als Kanzlerin zu bezeichnen, "wo man den Eindruck hat, dass sie immer noch für die Stasi unterwegs ist", ist nicht nur grammatikalisch total daneben. Aiwanger will die Freien Wähler in den Bundestag führen und im Europaparlament halten, dabei muss er zusehen, dass er sich in Bayern nicht verheddert. Die Freien Wähler drohen zwischen CSU und AfD zerrieben zu werden, die auch im Freistaat erstarkt. Das kann selbst Aiwanger nicht einfach wegpoltern.

© SZ vom 07.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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