Oberfranken:Bamberger Künstler kämpfen um die Nutzung der Kaserne

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Zu wenig Raum für Kultur, finden die Künstler. Und das ausgerechnet in einer Welterbe-Stadt. (Foto: David Ebener/dpa)
  • Bis Sonntag findet in der ehemaligen Lagarde-Kaserne in Bamberg das Kulturfestival "Kontakt" statt.
  • Die Initiatoren wollen den Ort auch danach weiter nutzen.
  • Allerdings wird ein Bereich der Kaserne zu einem Ausbildungszentrum der Bundespolizei, ein großer Teil ist bereits durch das Balkanzentrum belegt.

Von Katja Auer, Bamberg

In der Backsteinhalle, in der bis vor zwei Jahren die Schreinerei der amerikanischen Armee war und noch viel früher ein Pferdestall, haben sie für vier Tage ein Café eingerichtet. Alte Sessel und kunterbunte Stühle, die Bar ist kunstvoll aus Dachbalken geschreinert, die sonst auf dem Müll gelandet wären. In der früheren Posthalle steht eine Bühne, es gibt eine Kunstausstellung, Musik und Lesungen, und an den Pfosten, die einst den Maschendrahtzaun hielten, sind jetzt selbstgebaute Stehtische.

Die Macher des Festivals "Kontakt", das noch bis zum Sonntag in Bamberg stattfindet, haben in der ehemaligen Lagarde-Kaserne ein Kulturquartier geschaffen, das wunderbar urban wirkt in der sonst so schnuckeligen Stadt. Für vier Tage vorerst, aber das ist den ehrenamtlichen Organisatoren nicht genug. Nun formieren sich die Kulturschaffenden, die Raum fordern für ihre Kunst. 16 Organisationen schließen sich gerade zu einem Verein zusammen, um schlagkräftiger dafür zu werben, auf dem Konversionsgelände im Osten der Stadt Platz zu schaffen für kulturelles und soziales Engagement.

Es erschließt sich dem Besucher nur schwer, dass ausgerechnet in der Weltkulturerbe-Stadt Bamberg zu wenig Raum für Kultur sein könnte. Ist doch schließlich alles voll mit Kunst, die ganze Altstadt eine Ansammlung von Schätzen. Allerdings mangelt es an Raum für die Künstler von heute, gerade zeitgenössische Kunst hat es schwer. Eine kleine Kunsthalle gibt es nun im Kesselhaus eines ehemaligen Krankenhauses, aber das reicht vielen Kunstschaffenden nicht.

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Die Lagarde-Kaserne, aus der vor anderthalb Jahren die Amerikaner abzogen, mit vielen leeren Hallen und schönen Backsteinbauten halten die Initiatoren für ideal. "Es gibt viele Gruppen, die schon mal ein Konzept für einen Kulturraum geschrieben haben", sagt Renate Schlipf, Mit-Organisatorin des Kontakt-Festivals. Nun haben sie sich zusammengetan. "Wir wünschen uns einen Ort, an dem Kultur gebündelt wird", sagt sie.

Nur, genau auf dieses Fleckchen konzentrieren sich allerhand Befindlichkeiten. Denn in Bamberg ist die große Konversions-Euphorie dem Frust gewichen, seit klar ist, dass von den 450 Hektar Armeegelände gar nicht soviel übrig bleiben wird für die Stadt, weil ein großer Teil bereits vom Ankunfts- und Rückführungszentrum für Balkanflüchtlinge belegt ist und ein weiteres, das größte Stück, die Bundespolizei für ein neues Ausbildungszentrum beansprucht.

Im September sollen 800 Polizeianwärter einziehen, bis zu 2000 sollen es einmal werden. Das Balkanzentrum hat die Staatsregierung zunächst für zehn Jahre gemietet, das steht fest, auch wenn da demnächst zusätzlich Menschen aus anderen Ländern untergebracht werden. Bleibt für alle die schönen Pläne aus dem Rathaus von Wohnen, Kultur und Dienstleistung kaum noch etwas übrig.

Lutz Leide, der Facility-Manager der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, räumte bei einer Diskussion auf eben diesem Gelände kürzlich ein, dass der Verkauf an die Stadt schon kurz vor dem Abschluss gestanden habe - bis es die Bundespolizei Bamberg für ein sechstes Ausbildungszentrum entdeckt hatte. Das hat Vorrang, schließlich gehört das Areal dem Bund.

Für Bamberg bleibt vorerst wahrscheinlich nur ein Teil der Lagarde-Kaserne und darin will Oberbürgermeister Andreas Starke das digitale Gründerzentrum unterbringen, um das sich die Stadt beworben hat. Irgendwo sollen ja auch noch Wohnungen entstehen, schließlich sind Immobilien in Bamberg nicht nur teuer, sondern auch rar. Wie viel Platz da noch für die Kultur bleibt, ist unklar, aber das schreckt den neuen Verein nicht. "Wenn wir was bewirken, dann nur gemeinsam", sagt Kontakt-Organisatorin Theresia Reiter. Gefordert werden Proberäume, Ateliers und Ausstellungsräume, ein Quartier eben, in denen Menschen ohne Hindernisse zusammentreffen können.

Infos zum Programm des Kulturfestivals im Internet unter www.kontakt-bamberg.de.

© SZ vom 28.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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