Nürnberg:Hauptstadt der Sammler

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In der Stadt mit dem NS-Reichsparteitagsgelände gehen vermeintliche Werke von Adolf Hitler besonders gut: Eine Auktion erbringt 391 000 Euro an einem Nachmittag

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Der Tag, an dem 14 angeblich von Adolf Hitler gemalte Werke versteigert werden, beginnt mit einer Überraschung. "Sie haben keine Zulassung. Sie haben einen negativen Artikel über uns geschrieben. Das wollen wir nicht", teilt Kathrin Weidler, die Juniorchefin des Hauses, am Eingang mit. Das Nürnberger Auktionshaus Weidler gilt sonst eher nicht als öffentlichkeitsscheu, in den Glaskästen des Geschäfts am Burgberg darf das jeder bewundern: Die Weidlers mit Heidi Klum, die Weidlers mit Verona Pooth, mit Jimi Blue Ochsenknecht, Robert Geiss und vielen anderen. An dem Tag aber scheinen Pressevertreter nicht so gern gesehen zu sein. Zumindest nicht alle. Obwohl der Tag äußerst erfolgreich verläuft für die Weidlers, könnte man sagen: Die 14 Werke des erfolglosen Malers Adolf H. versteigert das Haus an diesem Nachmittag für insgesamt 391 000 Euro.

Bei der letzten Versteigerung dieser Art vor acht Monaten hat die Juniorchefin eine Zahl genannt, welchen Anteil das Haus in etwa erwarten darf für jede erfolgreiche Versteigerung: Es sind 20 Prozent, bei einem mittleren sechsstelligen Betrag kommt da allerlei Erlös fürs Haus zusammen an so einem Nachmittag. Warum auf einmal so viele Zeichnungen und Aquarelle eines verhinderten Kunststudenten bei ihr anlanden, hat Weidler vor einer Woche so erklärt: Bei der letzten Versteigerung im November ging ein mittelprächtiges Aquarell, das dem selben Kunstmaler und späteren NS-Diktator zugeschrieben wird, für rekordverdächtige 130 000 Euro über den Ladentisch. Und da, sagt Weidler, hätten offenbar viele registriert, dass man "in Nürnberg" Hitler-Werke gewinnbringend zum Kauf anbieten könne.

Dem ist auch diesmal schwer zu widersprechen: Zwar kommt das teuerste Werk nicht ganz an den Betrag vom letzten Mal heran. Das Aquarell "Neuschwanstein" aber wechselt für immerhin 100 000 Euro den Eigentümer. Eine beträchtliche Summe für das vermeintliche Werk eines an der Aufnahmeprüfung gescheiterten Kunststudenten. Anrüchig findet Weidler die Versteigerung trotzdem nicht: Die Bieter seien private Investoren aus China, Brasilien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Frankreich und Deutschland gewesen, erklärte sie nach der Auktion der Deutschen Presseagentur. Und: "Diese Sammler sind nicht auf diesen Maler spezialisiert, sondern haben allgemeines Interesse an hochwertiger Kunst."

Und so bekommt das Haus also alle seine Werke los: Eine "Abordnung aus Asien", die im Auktionshaus vertreten gewesen sei, habe nicht nur "Neuschwanstein", sondern auch sieben weitere Werke ersteigert, berichtet nordbayern.de. Die anderen Bieter hätten sich telefonisch an der Auktion beteiligt. Gleich beim ersten Bild, einem Blumen-Stillleben, hätten sich diese gegenseitig hochgeschaukelt. Es wechselte für 73 000 Euro den Besitzer.

Die meisten Werke waren mit "A. Hitler" signiert, ob sie tatsächlich von diesem stammen, ist kaum festzustellen. Es existieren zahlreiche Fälschungen. Bei der letzten derartigen Versteigerung hatte das Auktionshaus angekündigt, einen Teil des Erlöses spenden zu wollen. Ein namentlich genannter potenzieller Empfänger, der das Geld angeblich auf jeden Fall annehmen würde, hatte die Spende aber empört abgelehnt.

© SZ vom 22.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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