Die Polizei hat einen Flüchtling aus Äthiopien, dem eine freikirchliche Gemeinde in Nürnberg Kirchenasyl gewährt hatte, festgenommen und zunächst in eine Justizvollzugsanstalt gebracht. Gegen den 26-Jährigen liege ein Haftbefehl wegen Verstößen gegen das Aufenthaltsrecht vor, ausgestellt von der Staatsanwaltschaft Frankfurt. Der Pastor der Adventisten, Reiner Groß, zeigte sich irritiert von der Polizeiaktion. Festgenommen worden sei der Mann offenbar, weil er eine Strafe von etwa 300 Euro nicht bezahlt hatte. Es handelte sich also um eine so genannte Ersatzfreiheitsstrafe.
Kirchenasyl in München:Unsichere Sicherheit
Zwei Flüchtlingsfamilien aus Afghanistan leben seit kurzem in zwei Kirchengemeinden in Sendling. Ihnen droht die Abschiebung, doch die Behörden dulden das Kirchenasyl. Seit einem Polizeieinsatz in Augsburg ist jedoch unklar, wie lange noch.
Umso schwerer wiege es da, kritisierte Groß, dass er als Pastor nicht über die Festnahme informiert worden sei. Obwohl klar sein müsse, dass die Gemeinde dem Flüchtling Kirchenasyl gewährt und also die Räumlichkeiten in der Nähe des Nürnberger Hauptbahnhofs zur Verfügung gestellt habe. Im Kirchenasyl stehen Flüchtlinge unter besonderem Schutz. Nachdem der Fall am Dienstag publik geworden war, zahlte ein Verein für Kirchenasyl die Strafe. Der 26-Jährige wurde daraufhin aus der Haft entlassen.
Eingriffe ins Kirchenasyl sind ein Tabu
Der Eingriff sei absolut "unverhältnismäßig" gewesen, kritisiert Pastor Groß. Er hätte unbedingt darüber in Kenntnis gesetzt werden müssen. Stattdessen hätten Beamte an der Tür des Kirchenasyls geklingelt und den Flüchtling darüber informiert, dass ein Haftbefehl gegen ihn vorliege. Ob den Polizisten allerdings bekannt war, dass sie den 26-Jährigen in Gemeinderäumen festgenommen haben, war zunächst nicht klar. Ein Polizeisprecher betonte aber, dass nie ein Abschiebehaftbefehl im Raum gestanden habe. Das Kirchenasyl werde akzeptiert, Eingriffe seien ein Tabu.
Debatte um Kirchenasyl:Christliche Basis gegen christliche Parteien
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Allerdings gehe aus den der Polizei vorliegenden Dokumenten nicht klar hervor, dass der Äthiopier unter Kirchenasyl stehe. Die Räumlichkeiten, in denen er festgenommen wurde, seien Teil eines normalen Wohnhauses. Der Pastor sei bei der Festnahme des 26-Jährigen nicht zugegen gewesen, sonst hätten ihn die Beamten nach Details fragen können.
Der Fall hatte zunächst für große Aufregung in der Nürnberger Gemeinde gesorgt. Die zuständige Ausländerbehörde in Neumarkt hatte der Freikirche gegenüber versichert, die Aktion der Polizei nicht initiiert zu haben. Erst im Februar war der Streit zwischen dem Bundesamt für Migration und den Kirchen ums Kirchenasyl beigelegt worden. Beide Seiten hatten sich unter anderem darauf geeinigt, die Tradition des Kirchenasyls an sich nicht in Frage zu stellen.