Neue Regularien gefordert:Damit der Doktor wieder was wert ist

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Karl-Theodor zu Guttenberg, Silvana Koch-Mehrin und Stoiber-Tochter Veronica Saß haben ihre Doktorarbeiten gefälscht. Damit der Ruf der Unis wieder hergestellt wird, fordert der Hochschulausschuss nun strengere Regularien für Promotionen.

Martina Scherf

Karl-Theodor zu Guttenberg hat den Ruf der Uni Bayreuth lädiert, die FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin und die Stoiber-Tochter Veronica Saß haben ebenfalls ihre Doktorarbeiten gefälscht, und seit einigen Wochen muss sich die Universität Würzburg mit den Vorwürfen gegen einen ehemaligen Ordinarius herumschlagen, der eine Art Doktorfabrik betrieben und Titel für völlig unzureichende Arbeiten verliehen haben soll - die Universitäten kommen nicht zur Ruhe.

Erst nach den prominenten Plagiatsfällen beginnen die Universitäten, ihre Promotionsordnungen zu überprüfen. (Foto: dpa)

Die Öffentlichkeit interessiert sich plötzlich für ein so sperriges Thema wie das Promotionsrecht, und längst ist die Frage, mit welchen Tricks man zu einem Doktortitel kommt, nicht mehr nur Thema in der Wissenschaftsgemeinde.

Jetzt soll der Landtag mehr Licht ins Dunkel bringen. Dass in einigen Promotionsordnungen an bayerischen Universitäten immer noch eine Passus steht, der auf ein Nazi-Gesetz über die "Unwürdigkeit" des akademischen Grades verweist, ist da nur ein weiterer Hinweis auf fehlende Transparenz, meint der SPD-Abgeordnete Christoph Rabenstein und hat im Landtag gleich zwei Anfragen zum Thema Promotion gestellt.

Seit Guttenberg sind die Universitäten hellhörig geworden und nehmen ihre Promotionsordnungen unter die Lupe. Dennoch steht in einzelnen Fakultäten - ausgerechnet bei den Juristen in Bayreuth - noch immer beim Begriff der "Unwürdigkeit" der Verweis auf das "Gesetz über die Führung akademischer Grade vom 7. Juni 1939". Die Nazis nutzten es, um jüdischen Akademikern ihre Existenzgrundlage zu entziehen. Seit 1988 ist dieses Gesetz nicht mehr gültig. Doch gestrichen wurde der Verweis nicht überall - bei den Medizinern in Würzburg erst vor wenigen Tagen. "Ein Skandal", findet Rabenstein und forderte, mit Zustimmung aller Fraktionen im Hochschulausschuss des Landtags, die Korrektur dieses peinlichen Passus.

Seit 2003 das Hochschulgesetz geändert und den Universitäten mehr Autonomie eingeräumt wurde, hat die Politik kaum noch Einfluss auf interne Regelungen. Das Promotionsrecht ist zentrales Alleinstellungsmerkmal der Universitäten. Promotionsordnungen müssen dem Ministerium nicht mehr vorgelegt werden. Offenbar funktioniert aber die interne Kontrolle nur unzureichend.

Die SPD-Fraktion will sich mit diesem Zustand nicht zufrieden geben und hat vier Grundprinzipien formuliert, denen Promotionen genügen sollten: Doktorarbeiten, so Rabenstein, sollten künftig immer auch in elektronischer Form eingereicht werden, damit Software-Programme zur Aufdeckung von Plagiaten leichter angewendet werden könnten. Außerdem sollten sie grundsätzlich mit einer eidesstattlichen Erklärung versehen werden, wonach der Doktorand sie eigenständig verfasst hat - eine ehrenwörtliche Erklärung, wie vielerorts üblich - dürfe nicht mehr genügen. Zudem müsse klar definiert werden, was wissenschaftliches Fehlverhalten und vorsätzliche Täuschung im Einzelfall bedeuten. Und schon bei der Zulassung zur Promotion sollte mehr Transparenz herrschen. Dass zwei Professoren die Aufnahme eines Doktoranden befürworteten, dürfe nicht mehr genügen.

In diesen Forderungen waren sich alle Fraktionen im Hochschulausschuss des Landtages einig. Die Durchsetzung allerdings scheint schwierig. Dennoch wollen die Fraktionen Wissenschaftsminister Heubisch bitten, sich ihrem Ansinnen anzuschließen und dies gegenüber der "Universität Bayern", dem Zusammenschluss aller bayerischen Universitäten, klar zum Ausdruck zu bringen. Das Gremium will sich ohnehin in seiner Sommerklausur des Themas annehmen.

Godehard Ruppert, der Präsident der Universität Bayern, ist dennoch skeptisch, ob solche juristischen Formulierungen überhaupt abschreckende Wirkung haben. "Nur weil wir eine eidesstattliche Erklärung verlangen, wird es nicht weniger Plagiate geben", meint er. "Das Strafgesetzbuch stellt auch Mord und Totschlag unter Strafe, und trotzdem passiert es täglich." Viel wichtiger findet er, dass die Fakultäten sich stärker als bisher auf gemeinsame ethische Standards verständigen und darüber mehr miteinander reden. "Die Bewusstseinsbildung, dass nicht nur die Doktoranden, sondern auch jene, die nicht genau hingesehen haben, Schuld sind, diese Bewusstseinsbildung im eigenen Hause muss verstärkt werden", sagt Ruppert, "das ist viel effektiver."

© SZ vom 09.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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