Mitten in Bayern:Zu viel gesagt, zu wenig geredet

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Ein T-Shirt mit der Aufschrift "Gegen Nazis" führte zu einer ungemütlichen Debatte im Gemeinderat von Waldbrunnbüttel. Denn der Bürgermeister sagte: "Ich habe ein Problem mit politschen Äußerungen im Gemeinderat"

Von Olaf Przybilla

Am Ende einer merkwürdigen Geschichte aus der Gemeinde Waldbüttelbrunn könnte die Erkenntnis stehen, dass ein Gespräch unter vier Augen gelegentlich die bessere Lösung ist. Zu dem aber kam es nicht zwischen dem SPD-Bürgermeister Klaus Schmidt und dem grünen Gemeinderat Sebastian Hansen. Stattdessen forderte der Bürgermeister den Gemeinderat auf, sein T-Shirt mit der Aufschrift "Gegen Nazis" doch bitte unverzüglich zu bedecken. Der Bürgermeister begründete das in der Sitzung mit dem bedenkenswerten Satz: "Ich habe ein Problem mit politischen Äußerungen im Gemeinderat."

Es wurde dann ungemütlich, gemessen an den Gepflogenheiten eines kommunalen Gremiums in Franken geradezu tumultartig. Der grüne Gemeinderat versichert, er habe seinen Pulli nur ausgezogen, weil ihm zu warm geworden sei. Dass die Aufschrift auf dem Shirt provozieren könnte, da habe er im Traum nicht dran gedacht. Der SPD-Bürgermeister wiederum will "Blicke und Gesten" anderer Räte wahrgenommen haben, die sich am Shirt gestört hätten. Und stören darf ein Gemeinderat eben nicht, da gebe es einschlägige Urteile und Bestimmungen. Deshalb der Zwang, das Shirt zu bedecken.

Beurteilen musste den Fall nun die Kommunalaufsicht. Die hat entschieden, das Handeln des Bürgermeisters sei jedenfalls "rechtsaufsichtlich nicht zu beanstanden". Er habe "im Ermessen des Sitzungsleiters" gehandelt. Formal hat der Bürgermeister damit gewonnen. Man darf aber annehmen, dass er auf den Sieg gerne verzichtet hätte - angesichts der Kommentare, die er und seine Gemeinde seit der Sache über sich ergehen lassen müssen. Zumal die Rechtsaufsicht betont, den Bürgermeister hätten "nach seiner Wahrnehmung" andere Gemeinderäte auf das Shirt aufmerksam gemacht. Was zumindest in der Schwebe lässt, ob die "Störung" womöglich doch nur im Auge eines Betrachters lag.

Die beiden rot-grünen Streithansel sind sich seit Längerem nicht grün. Wäre aber der Bürgermeister nach der Sitzung zu ihm gekommen und hätte gesagt: Das Shirt künftig bitte nicht mehr - damit, sagt Gemeinderat Hansen, hätte er schon leben können. So aber gibt es jetzt nur Verlierer in Waldbüttelbrunn.

© SZ vom 12.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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