Mitten in Bayern:Vom anderen zum frischen Bayern

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Die Opposition tut sich schwer im Freistaat, auch im Wahlkampf. Das geht bei den richtigen Formulierungen los. Schließlich gibt es keinen Grund, das Land schlecht zu reden. Was aber sagen? Die FDP versucht es jetzt auf Englisch

Kolumne von Lisa Schnell

Opposition in Bayern, das macht keinen Spaß. Unter sprachwissenschaftlichen Gesichtspunkten ist dieses Langzeitexperiment des Scheiterns aber durchaus interessant. Etwa die Frage: Welche Umschreibung könnte dem Wort Bayern vorangestellt werden, damit die Wähler nicht die CSU wählen? Die SPD probierte es eine Zeit lang mit dem "anderen Bayern". Das funktionierte nur mäßig gut. Wer "anders" sagt, der meint vielleicht das Gegenteil von dem, was gerade ist und das Gegenteil von gut ist schließlich schlecht. Und wer wollte bestreiten, dass es Bayern gut geht? Das "andere Bayern" wurde also aus dem Sprachgebrauch gestrichen. Jetzt ist Bayern bei den Sozialdemokraten "im Herzen" und "ein starkes Land".

Die Grünen beschrieben Bayern 2013 noch als "reif". "Bayern ist reif. Und Du?", fragten sie den Wähler. Ob der dabei allerdings eher an Käse denken musste und trotz des Allgäus keine rechte Verbindung zu Bayern herstellen konnte, zu sich selbst gleich gar nicht, das kann niemand sagen. Besonders reif aber fühlten sich offenbar die wenigsten. Dieses Jahr entschieden sich die Grünen für ein ähnlich klingendes, aber in der Bedeutung ganz anderes Wort: Bayern ist jetzt kein reifes, sondern ein reiches Land. Im Titel ihres Wahlprogramms verzichten sie ganz auf Bayern. Da heißt es: "Mit uns die Zukunft" und erinnert ein wenig an Yodas "Die Macht sei mit dir". Eine Assoziation, die wohl ganz im Sinne der gestaltungsfreudigen Grünen ist.

Eine neue Wortkombination präsentierte am Dienstag die FDP. Sie will ein "frisches Bayern". "Change a running system" lautet das Motto der Liberalen. Mit Englisch hat es bis jetzt noch niemand probiert, aber vielleicht sind die Bayern ja aufgeschlossen. Nur zur Sicherheit: Das laufende System soll sich ändern. Aber nicht zu viel, man denke an die Erfahrungen der SPD mit ihrem "anderen Bayern". Also hält FDP-Spitzenkandidat Martin Hagen in seinem Wahlvideo einen Kaffeebecher namens "Horst" in der Hand und sagt: "In Bayern muss man eigentlich gar nicht so viel verändern." Schließlich will die "frische" FDP vielleicht sogar wieder mitregieren. Dazu müsste sie freilich den Einzug in den Landtag schaffen. Einen "Change" im Wahlsystem nämlich wird es kaum geben.

© SZ vom 13.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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