Mitten in Bayern:Integriert auf der Single-Couch

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Auf der Gerner Dult in Eggenfelden hatten sie eine hübsche Idee für das Volksfestbalzen: die Single-Couch. Die Vorlieben der jungen Festbesucher lassen tief blicken

Kolumne von Johann Osel

Das Volksfest, genauer das Bierzelt, ist ja traditionell ein Ort zum Verlieben. Dem vorangestellt ist das Flirten, das jedoch Probleme birgt: Ein Flirtwilliger oder eine Flirtwillige muss nicht nur im Trubel das Subjekt etwaiger Begehrlichkeiten identifizieren, sondern auch ansprechen - gegen den Donnerhall von "Hulapalu" und "Hey Baby". Da muss man arg eng zusammenrücken. Wenn einem dann das Konzentrat einiger Liter Bier und einer Portion Radi entgegenschlägt, ist es mit der Flirtgaudi mitunter schon wieder vorbei. Und wie war das mit der Schleife am Dirndl, die über den Partnerschaftsstatus informiert? Links? Rechts? Und was macht der Lederhosenträger, um ein Junggesellentum elegant anzuzeigen? Eine gute Idee für das Volksfestbalzen hat man im niederbayerischen Eggenfelden.

An diesem Montag geht dort die Gerner Dult zu Ende, die sich zweier Attraktionen rühmen durfte. Zum einen war der Besuch eines leibhaftigen Ministerpräsidenten für den Sonntag angekündigt. Da derzeit aber im Freistaat keine Maß Bier ausgeschenkt werden darf ohne Beisein von Markus Söder, rückt die zweite Attraktion in den Fokus: die Single-Couch. Vorm Weißbierzelt stand die grüne Sitzgarnitur, wo sich Burschen und Mädchen in Interviews vorstellten. Wohnort, Traumpartner, Ideen für Zweisamkeit wurden abgefragt, um passende Besucher zusammenzubringen. Das Video ist ein Internet-Hit mit inzwischen mehr als 80 000 Aufrufen auf Facebook.

Bilanz übers Verlieben gibt es keine, dafür einen amüsanten Einblick in die Flirtgewohnheiten junger Festbesucher aus der Region. "Schön essen gehen, Rosen herschenken" verheißt ein Bursche seiner Herzensdame. Ein 32-Jähriger hat klare Vorstellungen: "Blond, lange Haare, schlank". Und charakterlich, fragt die Moderatorin. "Egal!", sagt er. Ein Mädchen will einen blonden Mann mit blauen Augen, Musiker müsse er sein, "Bass oder Gitarre". Ob Söder die Videos gesehen hat, ist nicht bekannt. Da seine CSU aber regelmäßig Expertisen zur Integration kundtut, sollte er den Ausschnitt eines jungen türkischstämmigen Mannes anschauen. In bestem Niederbairisch spricht er von der Traumfrau. "Viel saufen" soll die können. Unter fünf Maß beim Volksfest gehe nix - so sei nun mal "die Regel bei uns".

© SZ vom 23.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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