Mitten in Bayern:Ewige Liebe im Käfig

Lesezeit: 1 min

In Paris ist mal ein Brückengeländer unter der Last der Liebesschlösser zusammengekracht. In Füssen kann so etwas nicht passieren. Dort gibt es ein amtlich genehmigtes Gitter für l'amour toujours

Von Stefan Mayr

Für die einen ist es das romantischste Symbol der Liebe, das man sich vorstellen kann. Für die anderen ist es ein Sicherheitsrisiko, ein Kostenfaktor, ein Graus. Das Liebesschloss. Also jene Unterart des Vorhängeschlosses, das aneinander hängende Menschen an Brücken befestigen, sich dabei die ewige Liebe schwören und den Schlüssel ins Wasser werfen. Bussibussi, die weitere Gestaltung des Rituals ist der Fantasie der Turteltäubchen überlassen. In Paris ist 2014 eine Brücke unter der Last Tausender Stahlteilchen zusammengebrochen. Um das zu verhindern, ist im Allgäuer Städtchen Füssen einmal pro Woche ein Trupp des Tiefbauamts ausgerückt, um die Schlösser mit der Flex mehr oder weniger unsentimental zu entfernen.

Dabei blutete wiederum dem Leiter des Standesamtes das Herz, immerhin hat sich Füssen den klingenden Beinamen "romantische Seele Bayerns" gegeben. Deshalb gibt es nun am Maxsteg über dem Lechfall und an der Theresienbrücke einen Sonderservice. Ein Extra-Gitterteil am Brückenrand, an dem alle Pärchen ihr Anhängsel hinterlassen können. Die Stadt bittet die Schlösserfreunde unter ihren Gästen freundlichst: "Only here, please!" Zum romantischen Rundumservice gehört ein QR-Code, der Handybesitzer zur städtischen Internetseite katapultiert. Dort dichtet Amtschef Andreas Rösel: "Liebesschlösser - per sempre." Er hat das Angebot gleich noch auf Englisch, Italienisch und Chinesisch übersetzen lassen. Und für alle, die zur ordnungsgemäßen Anbringung noch kein love padlock oder lucchetto dell'amore haben, gibt es einen Hinweis auf das Fachgeschäft "Foto-Optik-Niebler" im Zentrum. Was man nicht alles tut, um die Touristen zu umsorgen und die heimische Wirtschaft anzukurbeln.

Die grauen Liebesschlösser-Gitter erinnern zwar eher an Käfige als an eine Stätte der ewigen Liebe. Dennoch glaubt Rösel an sein modernes Konzept der Schlösserverwaltung: "An dieser Stelle bleibt das Schloss garantiert hängen", sagt er. Die Liebenden müssten also nicht mehr fürchten, dass der Treuebeweis irgendwann aufgeschnitten und weggeworfen wird. Und das Tiefbauamt muss nicht mehr ausrücken. Wenn alle Pärchen die Käfighaltung mitmachen.

© SZ vom 05.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: