Mitten in Bayern:Es raucht in Oberammergau

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Der Passion sagen sie in Oberammergau, nicht die Passion. Den spielen sie also schon über die Jahrhunderte und wurden dafür von der Pest verschont. Dafür aber mit ewigem Zwist belegt, und so streiten die Oberammergauer diesmal über das Rauchen. Speziell über den Rauch von Spielleiter Christian Stückl

Kolumne von Matthias Köpf

Die Passionsspiele von Oberammergau heißen unter den Einheimischen nicht die Passion, sondern der Passion. Das könnte daran liegen, dass in Oberammergau halt immer noch alles Wichtige männlich ist, aber wahrscheinlich geht es einfach nur um eine bessere sprachliche Unterscheidung von dem Passion im Sinne von Passionsspiel und der Passion im Sinne von Leidenschaft. Und so eine Leidenschaft ist ja ebenfalls von großer Bedeutung, obwohl sie grammatisch weiblichen Geschlechts ist. In Oberammergau gibt es zum Beispiel einige Leute, denen das Rauchen ziemlich wichtig ist. Und weil den Oberammergauern nach ihrem Passions-Gelübde einst zwar die Pest erspart blieb, ihnen dafür aber ewiger Zwist auferlegt wurde, streiten sie jetzt übers Rauchen.

Dabei dreht sich auch dieser Streit eigentlich um das Wichtigste überhaupt, also um den Passion. Denn ganz ohne Ferndiagnose von wegen Sucht und so: Spielleiter Christian Stückl muss als leidenschaftlicher Raucher gelten. An einem Stückl'schen Passionsspiel, 2020 wird es seine vierte Inszenierung sein, sind sicher mehr Zigaretten beteiligt als Oberammergauer, und schon Oberammergauer sind es ziemlich viele. Fast genauso wichtig ist das Rauchen, und zwar speziell das Rauchen des Spielleiters Stückl, manchen anderen im Ort: Einige Gemeinderäte wollen es partout nicht hinnehmen, dass sich Stückl in der Spielstätte, einer Freilichtbühne, oft eine nach der anderen anzündet. Dabei gäbe es im Keller des Ammergauer Hauses, wo der gemeindliche "Eigenbetrieb Kultur" seinen Sitz hat, einen Raucherraum, in dem sich Stückl mit einer Zigarette und Geschäftsführer Walter Rutz mit seiner Pfeife treffen können, und natürlich auch beide Männer miteinander, jeweils rauchend.

Selbst dieser Raum war den Räten zuletzt manchen Redebeitrag wert. Nun ist es dort zu einem gemeinsamen Einsatz des Bürgermeisters und des Gesundheitsamts gekommen. Rutz vergleicht die Kontrolle auch im Stil mit einer Razzia, räumt aber ein, dass sein und Stückls Raucherraum nicht allen Auflagen entspricht, weil er nur durch ein Nachbarzimmer zugänglich ist. Aber bald werde man sowieso in andere Büros näher am Passionstheater ziehen. Vielleicht können sie sich das dann ja als Raucherraum ausweisen.

© SZ vom 07.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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