Mitten in Bayern:Die Kunst und ihre Minister

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Bayern ist ein Land der Kultur, das zweifelt niemand an. Und da stellt man sich schon die Frage, ob ein für die Kunst zuständiger Minister auch Ahnung vom Metier haben sollte? Hilfreich wäre es vermutlich

Kolumne von Olaf Przybilla

Im Artikel 3 der Bayerischen Verfassung ist festgelegt, dass Bayern ein Rechts- und ein Sozialstaat ist. Wird wohl keiner ernsthaft bestreiten. Niedergelegt ist da auch, dass Bayern ein Kulturstaat ist. Auch das dürften nur Polemiker in Zweifel ziehen. Eines aber darf einem zu denken geben: Bayerische Rechts- und Sozialpolitiker von Profil gab und gibt es immer wieder, da muss man nicht lange überlegen. Bayerische Kulturpolitiker aber von Rang? Der letzte war Hans Zehetmair. Der war Kunstminister bis 2003. Wer danach zuständig war? Hm.

Es gibt eine Anekdote aus dem Nürnberger Staatstheater. Ein neuer Minister aus der Post-Zehetmair-Zeit, den Namen hat man vergessen oder verdrängt, machte dort seinen Antrittsbesuch. Das Theater ist wahrlich keine Klitsche, sondern das größte Dreispartenhaus im Freistaat. Der neue Minister - der darauf verweisen konnte, mit jemandem verwandt zu sein, der schon mal mit Kunst zu tun hatte -, jener höchste Kunstverantwortliche Bayerns also schaute sich das Opernhaus an. Öha, gar nicht so winzig. Er besuchte Schauspielhaus und Ballett. Ja, da schau her! Und dann machte der Minister einen spontanen Verbesserungsvorschlag: Diese drei Häuser könnten doch zusammenarbeiten! Synergien, verstehen Sie?

Hüsteln, Blicke auf die Schuhe, irgendwann fand einer ein nettes anderes Thema. (Jene Sparten bilden in Nürnberg, anders als in München, ohnehin ein Haus. Die können nicht anders als zusammenarbeiten. Verstehen Sie, Herr Minister?)

Muss ein Minister zumindest von den Grundlagen seines neuen Beritts Ahnung haben? Man könnte sagen: Doch, wär schon hilfreich. Im Kunstministerium jedenfalls dürfte es kaum jemanden geben, der ernsthaft bestritte, dass die Grundzüge bayerischer Kulturpolitik seit Jahren von der Verwaltung bestimmt werden. Nicht von Ministern. Was einen schon wundern darf in einem Land, das sich so viel auf seine Leit-Kultur einbildet.

Ist es fair, wenn Vertreter der Kunstszene nun aufstöhnen, weil sie den Namen ihrer neuen Ministerin - der Gynäkologin und Hochschullehrerin Marion Kiechle - zwar mal gehört haben, nicht aber in einem kulturellen Kontext? Logisch: Jeder hat eine Chance verdient, sich zu beweisen. Verstehen aber kann man die Kunstszene schon. Im Kulturstaat Bayern.

© SZ vom 23.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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