Mitten in Bayern:Aszendent Single

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Es soll ein Gipfelerlebnis der ganz eigenen Art sein. Das Kuramt der Gemeinde Schlierssee lässt Singles eine Nacht in einer Berghütte verbringen - mit der Hoffnung, dass es dort bei dem einen und der anderen gewaltig funkt. Laut Horoskop könnte das sogar gelingen

Von Matthias Köpf

Der Mann hat sich selbst zu "Europas Charakterforscher Nr. 1" ernannt, und wer weiß, vielleicht ist er das sogar, denn die Charakterforschung ist ja sonst arg aus der Mode gekommen. Zudem bestimmt er den Charakter der Menschen nach deren Geburtstag und Geburtsstunde, und die Astrologie kommt schließlich nie aus der Mode. Falls diese Art der Charakterforschung mit größerem Aufwand verbunden sein sollte, dann hatte der Experte zuletzt jedenfalls viel zu tun, denn er musste die Geburtstage und Geburtsstunden von mehr als 800 Bewerbern sichten. Die Geburtsjahre ließen sich immerhin eingrenzen, denn gefragt waren nur "Singles im Alter von 30 bis 45 Jahren". So hat das Kuramt der Gemeinde Schliersee die Zielgruppe definiert, was vom Alter her nicht genau der Hauptklientel von Kurämtern entspricht. Aber schließlich geht es hier nicht um das alte Kurschattenwesen, sondern um "Bayerns verrücktestes Liebesexperiment".

Die Liebe geht ohnehin mit Verrücktheiten aller Art einher, und da ist es wahrscheinlich auch schon egal, wenn zehn alleinstehende Menschen mittleren Alters etwas so total Abgefahrenes machen wie miteinander auf den Gipfel des Jägerkamps zu steigen. Gut, nicht jeder würde für die 650 Höhenmeter von der Talstation der Taubensteinbahn am Spitzingsee hinauf zum Jägerkamp einen staatlich geprüften Berg- und Skiführer sowie einen weiteren Bergexperten hinzuziehen, wie es der Schlierseer Kuramtsleiter Mathias Schrön für sein Liebesexperiment getan hat, obwohl er die Tour selber als "eher gemütliche Bergwanderung" von zwei bis zweieinhalb Stunden beschreibt. Oben wird dann von Samstag auf Sonntag in Schlafsäcken übernachtet, und weil man vom Jägerkamp hinunter auf den Schliersee schauen kann, sieht man von drunten auch hinauf. Wer also jetzt schon wieder diesen alljährlichen Meteoritenschauer verpasst hat, der kann in dieser Nacht wenigstens zum Jägerkamp hinaufblicken und es dort bestimmt ganz schön funken sehen zwischen den zehn Singles in ihren Säcken. Denn der Charakterforscher, der sie aussucht, nimmt für sich "eine Trefferquote von 100 %" in Anspruch. Und hundert Prozent Steinböcke werden es schon nicht werden.

© SZ vom 16.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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