"Mit Sicherheit kein Einzelfall":Unterstützung für Pflegende

Nach Familiendrama in Traunstein warnen Experten vor Isolation

Nach dem Familiendrama im oberbayerischen Traunstein rät die Landesseniorenvertretung Betroffenen dazu, sich eher Hilfe zu holen. Der Fall sei eine "dramatische, unglückliche Verkettung", sagte Geschäftsführerin Renate Reyer-Gellert. Die Ausgangssituation sei aber nicht ungewöhnlich: "Es ist mit Sicherheit kein Einzelfall, dass häusliche Pflege zu einer Überforderung und Isolation führt." Eine 93-jährige pflegebedürftige und demenzkranke Frau war hilflos an Unterversorgung gestorben, nachdem ihr 63-jähriger Sohn in der gemeinsamen Wohnung eines natürlichen Todes gestorben war. Er hatte seine Mutter nach bisherigen Erkenntnissen alleine gepflegt. Polizisten hatten nach einem Hinweis von Nachbarn am Donnerstag die Leichen gefunden. Ein Polizeisprecher konnte auch am Sonntag nicht sagen, wann die beiden genau gestorben waren.

Es gebe die Möglichkeit, sich von Demenzhelfern ein paar Stunden pro Woche Unterstützung zu holen, betonte Reyer-Gellert. Viele Angehörige wüssten nichts von diesem Angebot. "Gerade Männer tragen mannhaft ihr Schicksal und bitten nicht um Hilfe", sagte sie. "Frauen haben eher soziale Netzwerke, auf die sie zurückgreifen können." Auch Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) zeigte sich über das Drama bestürzt. Der Fall verdeutliche, dass pflegende Angehörige für den Fall vorsorgen sollten. Anlässlich des "Internationalen Tags der Pflege" am 12. Mai mahnte Huml am Sonntag bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte an. "Wichtig ist dabei neben einer guten Ausbildung und mehr Personal auch ein angemessener Lohn." Gute Pflege müsse etwas wert sein, deshalb dürften Arbeitgeber nicht in Nachteile geraten, wenn sie gerechte Löhne für Pflegende zahlten.

© SZ vom 09.05.2016 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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