Missstände am Klinikum Augsburg:Auf Kosten der Patienten

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  • Der ehemalige Chefarzt des Augsburger Klinikums Rolf Harzmann macht Verantwortlichen in Stadt und Krankenhaus schwere Vorwürfe: Sie betrieben Missmanagement auf Kosten der Patienten.
  • Harzmann bemängelt chronische Unterbesetzung, fehlende Arbeitsmittel und Hygienemängel.
  • Der Vorstandsvorsitzende Alexander Schmidtke bezeichnet die Vorwürfe als "deutschlandweites Problem".

Von Stefan Mayr, Augsburg

Der Ärger um die Finanzpolitik am Augsburger Klinikum ebbt nicht ab. Der ehemalige Chefarzt Rolf Harzmann, der als Stadtrat auch sechs Jahre lang im Verwaltungsrat des kommunalen Krankenhauses saß, hat am Dienstag in einer Pressekonferenz scharfe Kritik am Vorstandsvorsitzenden Alexander Schmidtke und an Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) geübt. Harzmann spricht von einer "Schwarze-Null-Mentalität" und einer "Brutal-Ökonomisierung". Er wirft beiden Missmanagement auf Kosten der Patienten vor.

Harzmann zitierte aus einer "Überlastungs- und Gefährdungsanzeige" von mehreren Klinikumsärzten aus diesem Jahr, in der massive Missstände angesprochen werden. Darin ist von "unzureichender persönlicher Besetzung und fehlenden Arbeitsmitteln" die Rede. Die Notaufnahme sei gezwungen gewesen, sich am 23. und 24. Februar von der Integrierten Leitstelle abzumelden.

"Das sind keine Spaßigkeiten"

Auch eine Unterbesetzung in der Intensiv-Station und der internistischen Station wird bemängelt. Diese habe zur Folge, dass die Hygiene-Richtlinien nicht mehr eingehalten werden können. Ein Ausbruch eines multiresistenten Erregers wie im Uniklinikum in Kiel, wo Anfang des Jahres 13 Menschen starben, sei "nur eine Frage der Zeit", heißt es in dem Schreiben.

Im März seien keine freien Intensivbetten mehr vorhanden gewesen, Intensivpatienten hätten auf dem Gang liegen müssen. "Mit einem meterlangen Sauerstoffschlauch bis ins Zimmer", berichtet Harzmann, "das sind keine Spaßigkeiten." Zudem kritisiert der Urologie-Professor den Umgang der Führungskräfte mit den Ärzten, die Missstände offen ansprechen. "Wenn sich Oberärzte in dieser Situation zu Wort melden, dann ist da zu applaudieren und nicht zu kritisieren." Die Führung des Klinikums lasse aber nach wie vor den Respekt vor jenen vermissen, die die Leistung bringen.

Unter Beschuss: Die Finanzpolitik im Augsburger Klinikum löst reichlich Ärger aus. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

"Ich hatte noch Kanülen im Arm"

Der ehemalige Stadtrat Werner Lorbeer berichtet aus eigener Erfahrung, er habe einmal ein Bett benötigt, aber es sei keines vorhanden gewesen. Einmal sei er entlassen worden, "und ich hatte noch Kanülen im Arm". Sie seien übersehen worden. "Angesichts dieser Dinge geht mir eine Serie von Taschenmessern in der Tasche auf", schimpft Rolf Harzmann. Ihm gehe es darum, Schlimmeres zu verhindern. "Ich will keine Bayreuther Verhältnisse", betont Harzmann. Er spielt damit auf Ermittlungen gegen Verantwortliche des Klinikums Bayreuth an. Die dortige Staatsanwaltschaft prüft Vorwürfe, wonach im August womöglich mehrere Kleinkinder wegen Überlastung des Personals gestorben sein könnten. Auch im Bayreuther Krankenhaus soll es zuvor massive Sparmaßnahmen gegeben haben.

Der Vorstandsvorsitzende Alexander Schmidtke bezeichnet die Vorwürfe als "deutschlandweites Problem". Er bestätigt einen Personalengpass, dieser habe aber nichts damit zu tun, dass das Augsburger Klinikum zur Uniklinik aufgewertet und in die Trägerschaft des Freistaates überführt werden soll. Es sei auch nicht der Fall, dass der Verwaltungsrat nach dem Motto "Die schwarze Null muss stehen, koste es was es wolle" agiere. Schmidtke bestätigt allerdings indirekt Handlungsbedarf beim Kampf gegen die lebensgefährlichen Erreger: Er kündigt für dieses Jahr 35 zusätzliche Stellen an, nach seinen Worten "auch zur Sicherung und Weiterentwicklung der Hygiene".

© SZ vom 11.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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