Landshut:Null Feierlaune

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Bald ist wieder Frühjahrsdult in Landshut, in Sichtweite von Martinskirche und Burg Trausnitz. Doch momentan gibt es Ärger um die beiden Volksfeste in der Stadt. (Foto: Imago)

In Landshut streiten Stadt und Wirte um die Vergabe von Festzelten auf der Dult. Die ist so undurchsichtig, dass wahrscheinlich Gerichte entscheiden müssen

Von Andreas Glas, Landshut

Wenn in Bayerns Städten die Volksfestzeit beginnt, ist verlässlich die Rede vom "Ausnahmezustand". In Landshut dagegen herrscht seit Monaten ein permanenter Ausnahmezustand, obwohl die beiden jährlichen Volksfeste noch gar nicht begonnen haben. Es geht um die Frühjahrsdult und die Bartlmädult, die im Sommer stattfindet. Im Dezember hatte ein Richter die Vergabe eines Festzelts auf der Bartlmädult 2017 für unrechtmäßig und nachträglich einen Festwirt zum Sieger erklärt, der bei der Abstimmung im städtischen Dultsenat noch leer ausgegangen war. Nun, drei Monate später, ist es der Dultsenat selbst, der die Vergabe eines Zelts auf der Frühjahrsdult 2018 gekippt hat. Beide Fälle dürften ein juristisches Nachspiel haben - und lösen großen Wirbel aus in Landshut.

Der Ärger ist so groß, "dass einem jeden Beteiligten die Lust auf eine Maß Bier nachhaltig vergeht", heißt es in der Landshuter Zeitung. In der Kritik steht der Dultsenat, der aus zehn Stadträten besteht und nach festgelegten Kriterien abstimmt, welche Festzelt-Bewerbung den Zuschlag bekommt. Im Fall der Frühjahrsdult war dies zunächst Festwirt Christian Krämmer, dessen Zelt seit 2004 immer wieder zum Zug gekommen war. Im Januar schlossen der Wirt und die Stadt den Vertrag für das Volksfest, das in sechs Wochen losgeht. Der Wirt sagt, er habe bereits Mitarbeiter angeheuert, die das Zelt aufbauen, dazu Bedienungen, Köche und Musikanten. Doch am vergangenen Mittwoch machte der Dultsenat eine Rolle rückwärts und hob die Vergabe an Krämmer auf.

Als Grund nannte der Senat, dass Festwirt Krämmer vor Kurzem rechtskräftig verurteilt worden ist, weil er beim Zeltaufbau Scheinselbständige beschäftigte. Man muss wissen: Bei der Zeltvergabe wird die Zuverlässigkeit der Bewerber mit Punkten bewertet. Je zuverlässiger, desto mehr Punkte bekommt er. Nachdem das Urteil gegen Krämmer rechtskräftig war, bewertete der Senat dessen Zuverlässigkeit offenbar als angekratzt und zog ihm nachträglich so viele Punkte ab, dass plötzlich der ursprünglich unterlegene Festwirt Patrick Schmidt die Nase vorn hatte.

Zu Unrecht, findet Krämmer. Er argumentiert, dass dem Dultsenat zum Zeitpunkt der Vergabe im Dezember 2017 bereits bekannt gewesen sei, dass er zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Das habe er "der Stadt Landshut offen kommuniziert". Außerdem sei die Strafe inzwischen von 150 auf 110 Tagessätze reduziert worden. Eine Begründung, weshalb diese, seiner Ansicht nach geringe Strafe "überhaupt geeignet sein kann, quasi ein 'Berufsverbot' für die Frühjahrsdult auszusprechen", sei der Senat schuldig geblieben. Krämmer hat beim Verwaltungsgericht Klage gegen die Stadt eingereicht und will sich den Zeltplatz auf der Dult zurück erstreiten.

Die Stadt aber argumentiert, dass sie erst nach der Vergabe erfahren habe, dass das Urteil gegen Krämmer rechtskräftig ist. Die Aussicht auf ein Gerichtsverfahren dürfte der Stadt dennoch Sorgen bereiten. Denn bereits im Frühjahr 2015 bemängelte das Regensburger Verwaltungsgericht die Intransparenz bei der Landshuter Festzeltvergabe. Und eben im vergangenen Dezember erklärte das Gericht eine Zeltvergabe für die Bartlmädult 2017 sogar für rechtswidrig. Damals hatte das Gericht beanstandet, dass der Dultsenat den Festwirt Franz Widmann junior auch deshalb zu gut bewertet hatte, weil Widmann sich mit einem Ex-Sternekoch beworben und im Zelt etwa Fleischpflanzerl mit Trüffeljus serviert hatte. Dieses Gourmetangebot sei ein Widerspruch zu einer Veranstaltung, die "als traditionelles Volksfest charakterisiert wird", urteilte das Gericht und stellte insgesamt fest, dass eigentlich Widmanns Mitbewerber, Festwirt Peter Vorholzer, den Zuschlag für das Zelt hätte bekommen müssen.

Auch bei diesem Verfahren spielte die Frage nach der Zuverlässigkeit des Festzeltbewerbers eine Rolle - wenn auch keine entscheidende. Denn auch gegen Festwirt Widmann junior lief zum Zeitpunkt der Zeltvergabe wegen eines Vorfalls am Rande der Niederbayernschau ein Ermittlungsverfahren, das inzwischen nach Paragraf 153a StPO eingestellt wurde. Auch damals sah der Dultsenat offenbar keinen Anlass, Festwirt Widmann junior wegen mangelnder Zuverlässigkeit Punkte abzuziehen.

Dass dies nicht geschah, stufte das Gericht als zweifelhaft ein. Für Diskussionen hatten damals auch Äußerungen des Festwirts Vorholzer gesorgt, dessen Bewerbung gegen Widmann junior zunächst den Kürzeren gezogen hatte. Er hatte angedeutet, dass bei der Vergabe an Widmann junior politische Gründe eine Rolle gespielt haben könnten, weil dessen Mutter, Jutta Widmann, den Freien Wählern angehört und damit der selben Stadtratsfraktion wie Dultsenat-Chef Erwin Schneck. Dieser wiederum weist den Verdacht der Spezlwirtschaft vehement zurück. Außer ihm selbst und Robert Mader säßen ja noch andere Stadträte im Dultsenat, die allesamt nicht den Freien Wählern angehören, sagt Schneck. Über die Festzeltvergabe an Franz Widmann junior sei damals "demokratisch abgestimmt" worden. "Ein krasses Fehlurteil", nennt Schnecks Parteikollege Mader die Entscheidung des Gerichts.

Das sieht offenbar auch Franz Widmann junior so. Er will das Urteil des Verwaltungsgerichts ebenso anfechten wie Festwirt Krämmer die Entscheidung der Stadträte im Dultsenat. Der Stadt Landshut könnten nun hohe Schadensersatzforderungen drohen. Einerseits durch Festwirt Krämmer, der bereits Personal für die Frühjahrsdult angeheuert hat. Andererseits durch Festwirt Vorholzer, der die Einnahmen einklagen will, die ihm entgangen sind, weil der Dultsenat seine Bewerbung wohl zu Unrecht abblitzen ließ. Der gesamte Schaden könnte im sechsstelligen Bereich liegen.

© SZ vom 01.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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