Landshut:Ein bisschen Nordlicht-Krawall und viel Regierungswille

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Robert Habeck hielt seine erste Aschermittwochsrede. (Foto: Andreas Gebert/dpa)

Der neue Grünen-Chef Robert Habeck nennt Bayern ein schwieriges Pflaster. Er sieht aber beim Spitzenduo Schulze/Hartmann die Leidenschaft brennen

Von Katja Auer, Landshut

Die Grünen neigen nicht zur Verklärung ihres Spitzenpersonals, wie es der CSU schon mit Karl-Theodor zu Guttenberg passiert ist oder der SPD, bekanntermaßen, erst jüngst mit Martin Schulz. Als der vor einem Jahr beim politischen Aschermittwoch in Vilshofen auftrat, da konnte bei politisch mäßig gut informierten Zuschauern der Eindruck entstehen, der Mann stehe kurz vor seiner Inthronisation als deutscher Kaiser oder wenigstens als König von Niederbayern.

So ist es nun nicht bei den Grünen im Bernlochner-Saal in Landshut, aber er kommt doch ziemlich gut an, dieser Robert Habeck. Der "Fischkopp", wie er sich selber vorstellt, der Umweltminister aus Schleswig-Holstein, der seit Kurzem auch Vorsitzender der Grünen ist, mit guten 81 Prozent gewählt, nicht mit belastenden 100 Prozent. Es ist seine erste Aschermittwochsrede und es ist der Auftakt des Landtagswahlkampfs in Bayern, nach dem die Grünen endlich mitregieren wollen im Freistaat. "Grün, das ist das neue Blau-Weiß", sagt Habeck und erntet Beifall und Nachsicht darüber, dass es doch Weiß-Blau heißen müsste. "Dieses Land gehört nicht der CSU", ruft er, das ist zwar kein neuer Satz, aber ein immer noch wirkungsvoller, und dass die Grünen "den Absolutismus der CSU" brechen wollten. Das war es aber auch schon mit Krawall, Habeck spricht über Inhalte, über Rüstungsexporte und den in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel, über den Anstieg der Meeresspiegel und über Flüchtlinge.

Er nennt Bayern ein schwieriges Pflaster für die Grünen, allerdings eins mit großem Potenzial wegen Dickschädeligkeit und Rauheit einerseits und Weltoffenheit und Veränderungsbereitschaft andererseits. Dieses Potenzial habe er schon einmal gespürt, 2005, als er Landesvorsitzender der Grünen in Schleswig-Holstein wurde. Damals gab es einen Landeschef in Bayern, den er nie persönlich getroffen, aber immer bewundert habe. Sepp Daxenberger war das, der 2010 an einem heimtückischen Krebsleiden starb, und der den Grünen viel Zuspruch bei bürgerlichen und heimatverbundenen Menschen verschaffte.

Nun soll das Spitzenduo aus Katharina Schulze und Ludwig Hartmann ein gutes Ergebnis holen und die Ausgangssituation ist nicht schlecht. Die Umfragewerte sind zweistellig, wie schon vor der Landtagswahl 2013, als die Grünen am Ende doch nur bei 8,6 Prozent der Stimmen landeten. Dennoch, von den gescheiterten Jamaika-Verhandlungen scheinen die Grünen profitiert zu haben, und in Bayern könnte das Volksbegehren gegen den Flächenfraß, das Hartmann maßgeblich mit anführt, ebenfalls Anerkennung bringen.

Habeck jedenfalls zeigt sich beeindruckt von den Kandidaten, "die vor Leidenschaft brennen". Beide reden sie über ihre Lieblingsthemen, Schulze über Feminismus und den Kampf gegen Rechtsextremismus, Hartmann über den Flächenfraß und die Zerstörung der Umwelt durch die CSU. Die etwa 400 Zuhörer im Saal sind angetan, auch oder obwohl die Redner zu den Jüngsten im Saal gehören.

Martin Knobel findet die beiden "jung und dynamisch" und damit genau das, was die Politik zurzeit brauche. Er selbst ist 30 Jahre alt und will in Rosenheim ebenfalls für den Landtag kandidieren. Knobel trägt Trachtenanzug mit Hut, kein Widerspruch zu den Grünen, findet er, "gerade in Bayern geht das wunderbar zusammen". Den Heimatbegriff, den die CSU jahrzehntelang für sich beanspruchte und den inzwischen viele Parteien gebrauchen, wollen auch die Grünen nicht der Regierungspartei überlassen. "Heimat ist da, wo sich Menschen um ihre Heimat kümmern", sagt Habeck, und fügt später hinzu, dass 2018 auch der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel für Heimat stehe oder der Fußballer Mesut Özil. Großer Beifall.

Um Bayern wollen sich die Grünen kümmern und es gebe auch keinen Widerspruch darin, zwar die CSU scharf anzugreifen, aber nach der Wahl mitregieren zu wollen. Verantwortung zu übernehmen, bedeute das. "Betreutes Regieren" der CSU, nennt es Katharina Schulze frech. Die Zuhörer im Saal sehen das auch so, Armin Meisl etwa von den Landshuter Grünen. Die CSU habe "so viel Mist gebaut", sagt er, dass man sie einfach nicht mehr alleine regieren lassen könne. Emma Kellner kennt die CSU, sie war für die Grünen im Landtag und deren Haushaltsexpertin, die der CSU gezeigt hat, dass Grüne sehr wohl etwas vom Geld verstehen können. Heute noch murmeln CSU-ler im Landtag respektvoll ihren Namen, wenn es um den Haushalt geht. Sie hält es für ausgemacht, dass die CSU bei der Landtagswahl die absolute Mehrheit verliert, schon deswegen, weil wohl mehr Parteien als bisher im Landtag vertreten sein werden. Eine Rechensache, typisch Haushälterin. Danach sollten die Grünen ruhig mit der CSU verhandeln, sagt Kellner, "da muss man standhaft sein und wissen, was man will". Dem jungen Spitzenduo jedenfalls traut sie einiges zu im Wahlkampf, und die Stimmung an der Basis sei gut. Eine große Geschlossenheit spüre sie, sagt Kellner, das war bei den Grünen nicht immer so. "Des tragt", ist ihr Fazit auf gut Niederbairisch.

© SZ vom 15.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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