Kreidl-Affäre:Zahlreiche Lokalpolitiker unter Verdacht

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  • In der Kreidl-Affäre wird nun auch gegen zahlreiche Lokalpolitiker ermittelt: Sie stehen unter dem Verdacht der Untreue.
  • Unter den Verdächtigen ist auch der neue Grünen-Landrat Wolfgang Rzehak.
  • Insgesamt geht es um zwölf Tatkomplexe mit einem Gesamtvolumen von mehr als einer Million Euro zu Lasten der Sparkasse.

Von Christian Sebald, München

In der Affäre um den Miesbacher Ex-Landrat Jakob Kreidl (CSU) hat die Staatsanwaltschaft München schweres Geschütz aufgefahren. Am Dienstag durchsuchten 13 Staatsanwälte und 75 Ermittler des Landeskriminalamts 27 Wohnungen und Geschäftsräume im Landkreis Miesbach. Grund der massiven Aktion, die am frühen Morgen begann und bis in den Nachmittag hinein andauerte, sind Ermittlungsverfahren gegen Kreidl, den früheren Sparkassenchef Georg Bromme und weitere 14 frühere und amtierende Sparkassenvorstände sowie Verwaltungsräte wegen des Verdachts auf Untreue in den Jahren 2008 bis 2013. Insgesamt geht es um zwölf Tatkomplexe mit einem Gesamtvolumen von mehr als einer Million Euro zu Lasten der Sparkasse. Außerdem ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme sowie wegen Bestechung und Bestechlichkeit.

Zu den Verdächtigen zählen nicht nur Ex-Landrat Kreidl und der frühere Sparkassenchef Bromme, sondern auch zahlreiche prominente Lokalpolitiker, allen voran der neue Grünen-Landrat Wolfgang Rzehak. Aber auch lokale CSU-Größen wie der Kreuther Bürgermeister Josef Bierschneider und der frühere Bürgermeister von Holzkirchen, Josef Höß, sind unter ihnen. Ebenso Freie-Wähler-Politiker wie die Ex-Rathauschefs Michael Pelzer (Weyarn) und Arnfried Färber (Hausham). Gegen sie alle wird ermittelt, weil sie bis vor Kurzem dem Verwaltungsrat der Kreissparkasse angehörten und deshalb offenbar unter Verdacht stehen, die Machenschaften Kreidls und Brommes mitgetragen zu haben. Die Staatsanwaltschaft rückte aber nicht nur bei ihnen an. Sondern auch bei der Kreissparkasse, im Landratsamt und im Rathaus der Gemeinde Holzkirchen. Überall nahmen die Ermittler kistenweise Akten und andere Unterlagen mit.

Sparkasse finanzierte offenbar Reisen und private Feiern

Dabei betreffen die Ermittlungen nicht einmal das 118 000 Euro teure Fest, das sich Kreidl zu seinem 60. Geburtstag ausrichten und beinahe zur Gänze von der Sparkasse und seinem Landkreis bezahlen hatte lassen. Zumindest wird es in den Durchsuchungsbeschluss nicht aufgeführt. Offenbar fanden die Ermittler bei der Feier keine Anhaltspunkte für Untreue. Die sündteure Geburtstagsfeier hatte Kreidl letztlich die Wiederwahl bei der Kommunalwahl 2014 und seine vielen anderen Ämter gekostet.

Teure Folgen einer Affäre
:Sparkasse Miesbach will Geld zurück

Für Ex-Landrat Kreidl ist die Sponsoring-Affäre womöglich noch nicht vorbei: Die Sparkasse Miesbach will alle Summen geltend machen, bei denen eine Chance auf Durchsetzung besteht. Auch der frühere Bankchef Bromme muss mit Regressforderungen rechnen.

Von Christian Sebald

Dafür zeigt das Ermittlungsverfahren einmal mehr, dass Kreidls Geburtstagsfest nur die Spitze des Eisbergs war und im Landkreis Miesbach über Jahre hinweg zwischen Sparkasse und Kommunalpolitik ein Geben und Nehmen herrschte, das völlig außer Kontrolle geraten war. In dem Durchsuchungsbeschluss des Münchner Amtsgerichts wird zum Beispiel die Feier zum 70. Geburtstag des Haushamer Ex-Bürgermeisters Färber angeführt, für die die Sparkasse 55 000 Euro ausgab. Aber auch eine Reise von Kreidl, Bromme und den Bürgermeistern im Landkreis Miesbach in die Skigebiete von Interlaken und Serfaus steht im Fokus der Staatsanwaltschaft. Die 85 000 Euro teure Wochenendfahrt war als Fortbildung für die Lokalpolitiker in Sachen Tourismus deklariert. Tatsächlich soll es sich um eine reine Lustreise gehandelt haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch wegen einer weiteren Bürgermeister-Fahrt nach Triest im Jahr 2009 und einer späteren Reise des gesamten Miesbacher Kreistags in die Steiermark.

Dubiose Grundstücksgeschäfte

Für die Landtags-CSU dürfte peinlich sein, dass nun auch ihr traditionelles Eisstockschießen in Tegernsee unter Untreue-Verdacht steht. Die Miesbacher Sparkasse hatte das Gauditurnier jahrelang gesponsert. Außerdem beziehen sich die Vorwürfe auf ein dubioses Grundstücksgeschäft der Sparkasse in Holzkirchen. Die Sparkasse wollte 2010 dort ein weitläufiges Grundstück erwerben und darauf Wohnungen und eine neue Geschäftsstelle errichten. Zur gleichen Zeit hatte der damalige Sparkassenchef Bromme der Kommune eine 400 000-Euro-Spende seines Hauses für eine Kulturstätte und eine Skaterbahn zugesagt. Die Holzkirchner Verwaltung schickte nun die Vereinbarung über die Spende und den Kaufvertrag für das Grundstück in einem Paket an die Bank. Schon bei einer internen Prüfung der Sparkasse im vergangenen Jahr wurde der Vorgang als so problematisch beurteilt, dass der neue Sparkassenchef Martin Mihalovits von sich aus die Staatsanwaltschaft aufforderte, die Vorgänge zu überprüfen.

Wohl auch deshalb erklärte die Sparkasse am Dienstag sofort, dass sie die Durchsuchungsaktion tatkräftig unterstützt habe. "Wir haben selbstverständlich alle geforderten Unterlagen übergeben", erklärte ein Sprecher. "Und natürlich werden wir auch die weiteren Ermittlungen unterstützen." Beim Landratsamt tat man sich deutlich schwerer. Zwar hatte der neue Grünen-Landrat Rzehak schon gleich nach seiner Wahl angekündigt, seine Behörde werde alles tun, damit die Mauscheleien der Vergangenheit aufgearbeitet werden. Am Dienstag wiederholte Rzehak dieses Bekenntnis aber erst am späten Nachmittag.

Dabei muss Rezhak klar gewesen sein, was auf ihn und seine Behörde zukommt. Die Staatsanwaltschaft hatte bereits im Oktober 2014 förmliche Ermittlungen wegen der Vorwürfe gegen Kreidl und die Sparkasse aufgenommen. Dass es ein gutes Vierteljahr bis zu der Razzia dauerte, begründete ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Dienstag mit der Komplexität der Mauscheleien. "Das ist eine unglaublich schwierige Materie", sagte er. "Außerdem ist eine solche Durchsuchungsaktion ein sehr großes Unternehmen, das muss sehr gut vorbereitet sein."

© SZ vom 28.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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