Konzertsaal:Bei Regensburg steht ein goldenes Haus

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Ein Blickfang an der Autobahn: Der goldene Riegel des neuen Kulturzentrums in Lappersdorf, Aurelium genannt, blitzt durchs frische Frühlingsgrün. (Foto: Hajo Dietz)
  • In der Marktgemeinde Lappersdorf bei Regensburg glänzt ein goldenes Haus.
  • Es handelt sich um das Aurelium, ein Kulturzentrum.
  • Damit bekommt die Region einen Konzertsaal, wie es ihn dort noch nicht gab. Obwohl der Bürgermeister ursprünglich ein Rathaus bauen wollte.

Von Egbert Tholl, Lappersdorf

Da leuchtet was. Fährt man mit dem Auto nach Regensburg auf der Autobahn Richtung Hof, durchquert man einen Tunnel. Und danach glitzert etwas linker Hand durch die Bäume hindurch. Und zwar sehr, sehr golden. Heißt ja auch so: "Aurelium" ist das neue Kulturzentrum der Marktgemeinde Lappersdorf und wird am 15. April eröffnet.

Wie kommt ein Vorort Regensburgs, der unmittelbar bis an dessen Stadtgrenze reicht, auf die Idee, für seine 14 000 Einwohner ein Kultur- und Begegnungszentrum mit spektakulärer Architektur zu bauen, das 600 (bestuhlt) bis 1000 (unbestuhlt) Besucher aufnehmen kann und inklusive aller Außenanlagen etwa neun Millionen Euro kostet?

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Die erste Erklärung: Weil sie sich's leisten können, das Leben im Speckgürtel füllt offenbar die Gemeindekasse. Die zweite, lustigere: Der einstige Bürgermeister, ein CSU-Mann, wollte ein neues Rathaus bauen, ein Bürgerentscheid lehnte dies ab. Also beschloss er, stattdessen ein Kulturzentrum errichten zu lassen und brachte dies auf den Weg.

Doch irgendwie hat ihm die störrische Haltung seiner Bürger die Stimmung verhagelt, zur nächsten Wahl tritt er nicht mehr an, es siegt ein Kandidat der Freien Wähler, der nun das Aurelium eröffnen darf, das beschlossen wurde, als er in der Opposition war.

Ein Konzertsaal, den es dort so noch nicht gab

Man kann es auch ganz anders sehen: Dank der umtriebigen Lappersdorfer erhält der Raum Regensburg einen Konzertsaal, den es in dieser Größe und mit dieser technischen Ausstattung bislang hier nicht gibt. In Regensburg selbst gastieren reisende Klassikstars im Audimax und große Popkonzerte füllen die Donau-Arena, es gibt kleinere Veranstaltungsorte wie den Leeren Beutel oder die Alte Mälzerei.

Aber keinen guten Saal für Kammermusik, Kammerorchester und mit einem Ambiente, in dem vieles möglich scheint auf der elf Meter breiten und sechs Meter tiefen Bühne. Und: Das Aurelium ist praktisch ein Konzerthaus, will heißen, sein Leiter Klaus Wenk verfügt über einen Programm-Etat. Wie hoch der ist, wie hoch der sein muss, kann er aber selbst noch nicht sagen - erst im Laufe des Betriebs wird man wohl sehen, was dieser braucht.

Wenk hat eine lange Gesangskarriere hinter sich. Der ehemalige Regensburger Domspatz war von 1993 an Mitglied des erfolgreichen Vokalensembles Singer pur - diese Tätigkeit gibt er nun für das Aurelium auf. Er bleibt aber Teil des wunderbaren Vokal-Quartetts Stimmwerck, dessen Festival, die "Stimmwercktage" der alten und auch neuen Musik er mitbegründet hat. Wenk hat Erfahrung im Organisieren, nicht nur durch eben die "Stimmwercktage", auch in Brennberg unweit von Regensburg, wo er inzwischen mit Frau und drei Kindern lebt, ist er umtriebig. Und über all die Jahre hat er natürlich eine Vielzahl an Kontakten angehäuft.

Für Wenk, der auch über eine Vergangenheit in einer Rockband verfügt, bedeutet die Leitung des Aureliums zum ersten Mal, nach 25 Jahren im Beruf, ein festes Gehalt, feste Bürozeiten, aber auch einen ganz anderen Begriff von Zeit. Spricht Wenk vom Singen, so spricht er von "seinem alten Leben". Die Entscheidung, dieses aufzugeben, kam nicht einfach so daher.

Nicht nur Klassik soll gespielt werden

Gegen 50 Bewerber musste er sich bei den Lappersdorfern durchsetzen, vielleicht auch, weil er sehr vorsichtig ist. Erst einmal, so wirkt es, will er die Bewohner des Markts für die Idee des Kulturzentrums begeistern, sie anlocken. Keineswegs mit Klassik allein, auch wenn zur eigentlichen Eröffnung am 17. April das Georgische Kammerorchester aus Ingolstadt spielen wird. Dann wird man auch sehen, wie viel die eher trockene, verheißungsvolle, teils nach Wenks Vorschlägen optimierte Akustik des teilbaren Saals taugt.

An den müssen sich die Anwohner ja auch noch gewöhnen, an den steilen, dank seiner Schuppenhaut aus Blechplatten golden schimmernden Giebel. So spektakulär das Gebäude wirkt, seinen Stil hat der Regensburger Architekt Manfred Blasch dem ältesten Gebäude Lappersdorfs, dem Zeitler-Haus, abgeschaut. Also kein Affront, eher ein Weiterdenken. So wie Wenk die örtlichen Theater- und Musikvereine aufnehmen und auch nicht die murrenden Regenburger Veranstalter verstören will, sondern lieber auf Zusammenarbeit setzt.

Im Aurelium wird es Jazz, Pop, Rock, Klassik geben; Theater auch, Kabarett, Vorträge, Lesungen, Firmenfeiern, Vereinsabende. Klar, da bleibt nicht unbegrenzt Raum für Wenks Lieblingspläne. Wie etwa eine Zusammenarbeit mit dem Regensburger Stadttheater oder der Musikhochschule. Doch als er dem Rat des Marktes sagte, er brauche einen erstklassigen Flügel für erstklassige Konzerte, bewilligte man ihm 80 000 Euro für einen wenig gebrauchten Steingräber, den Wenk in Bayreuth fand. Vom Klang her das perfekte Instrument für den Saal.

© SZ vom 14.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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